Leo
Kunsthüter
Als Museumslöwe fühle ich mich durchaus in der Rolle eines Kunsthüters. Schließlich lagern hinter mir Schätze aus Jahrhunderten und laden dazu ein, Ästhetik zu erfahren, sich mit den großen Menschheitsfragen auseinanderzusetzen und die Gegenwart daran zu messen. Darauf muss man schon ein bisschen aufpassen.
Leo sagt ...
Überhaupt ist aufpassen ein gutes Stichwort. Wird doch Kunst immer häufiger mit be- legten Brötchen verwechselt: Entspricht Salami nicht mehr dem Zeitgeschmack, tauschst du sie halt gegen Käsescheiben. Verlage beginnen damit, an den Texten von Autoren herumzuschrauben, um aus heutiger Sicht politisch Unkorrektes zu tilgen. Gerade trifft es Agatha Christie und Ian Fleming, letz- terer verantwortlich fürs literarische Erscheinen von Ober-Macho James Bond. Ehrlich: Auf die „woke“ Sprechweise von 007 bin ich schon sehr ge- spannt. „Niemand auf der Welt ist so wehrlos wie ein toter Autor gegen einen lebenden Regisseur“, sagte einst der britische Schauspieler Laurence Olivier und ich möchte hinzufügen: Das gilt auch für übereifrige Verleger. Kunst ist streitbar, aber nicht alle scheinen es auszuhalten. Kunst sollte frei sein, aber so frei nun auch wie- der nicht – zumindest nicht, wenn sie sich am Diskriminie- rungsverständnis einiger Sittenwächter stößt.
Ich sehe schon den Tag, an dem nackte Haut auf Gemälden von Rubens & Co. mit Warnhinweisen versehen werden muss. Aber Vorsicht, Leute! Dafür müsst ihr erst an mir vorbei!
Euer Museumslöwe
(notiert von Katja Haescher)