16.05.2025

Leo

WICHTIGE DINGE

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Ich brauche nicht viel, um zufrieden zu sein. Ein bisschen Sonne auf dem Fell, Wind um die Nase und eine gute Aussicht. Das sind geschätzt schon mal siebzehn Sachen weniger, als sich in einer durchschnittlichen Damenhandtasche befinden. Das erfuhr ich, als eine Freundin ihren Schlüssel suchte.


Aus ihrer Tasche förderte sie dabei eine Börse und eine Bürste, Handy, Handspiegel und Handcreme, Pillen, Pflaster und Papiertaschentücher, ein Deo, zwei Tütchen Zucker und die Eintrittskarte für ein vor vier Jahren abgesetztes Theaterstück zutage, außerdem drei Kassenzettel, diverse Tic Tacs und eine Brille, die ich noch nie an ihr gesehen hatte. Es folgten ein Regenschirm, zwei Kieselsteine und jene undefinierbare Materie, die entsteht, wenn Gegenstände irgendwann am Taschenboden zerbröseln.

Was nicht ins Freie kam, war der Schlüssel. Zum Glück blieb meine Freundin gelassen. Den würde sie ohnehin nie beim ersten Mal finden, ihre Familie habe sich längst daran gewöhnt, dass sie immer klingele. An dieser Stelle machte ich den Vorschlag, der Tasche doch einfach im Interesse besserer Übersichtlichkeit einige Gegenstände zu entnehmen. Hätte ich bloß nichts gesagt! Der giftige Blick, der mich traf, drückte aus, dass sie mit der gerade zumutbaren Grundausstattung unterwegs war. Aber ich habe eine Idee. Ich schenke ihr eine größere Tasche. Dann hat sie mehr Platz für wichtige Dinge. Und eine Großpackung Tabletten gegen die Rückenschmerzen passt auch noch rein.

Euer Museumslöwe
(notiert von Katja Haescher)