13.03.2025

Leo

Gewohnheitstier

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Beim Essen bin ich nicht heikel. Meist mache ich von den Lebensmitteln einfach nur das Fell ab und alles andere findet sich. Nur manchmal muss auch ich in den Supermarkt. Dann wird es kompliziert. Vor allem, wenn wieder einmal umgeräumt wurde. Dann findet sich nämlich überhaupt nichts mehr.

Dort, wo immer meine Lieblingskekse waren, steht jetzt das Waschpulver. Okay, ist auch wichtig, schmeckt aber nicht ganz so gut. Eier habe ich keine entdeckt, die sind wahrscheinlich schon alle in Amerika. Und anstelle der Konserven sehe ich viele bunte Schachteln mit Aufschriften wie Crispy Fantasy und Lucky Loops ­Cereals. Mensch, ich wollte was essen und nichts googeln!

Natürlich weiß ich, um was es geht: darum, Gewohnheits­tieren wie mir in den Suchverlauf zu grätschen. Sozusagen meine kognitive Karte im Kopf zu zerstören, die mich zuverlässig vom Wasser über die Kekse bis zum Käse durch das Regal­labyrinth leitet. Klar: Wer mehr sucht, kann mehr finden. Das bemerke ich auch bei anderen Leuten: „Schatz, den Pfefferminztee habe ich leider nicht gesehen. Dafür diese ­veganen Cevapcici, sicher können wir die auch gebrauchen?“ Ein anderer Kunde, der orientierungslos durch den Markt irrte, wirkte schon regelrecht verstört. Was der sich zu Hause anhören kann, wenn er ohne Soßen­binder zurückkommt, will ich gar nicht wissen. Deshalb nur so viel: Falls jemand draußen am Fahrradständer seinen Hund angebunden hat – ich kann für nichts garantieren.

Euer Museumslöwe
(notiert von Katja Haescher)