20.04.2018

Hausgeschichten PR-Anzeige

Wohnzimmer des Großherzogs

Das Alte Palais diente mehreren Mecklenburger Regenten als Residenz
Das Alte Palais in diesen Tagen Foto: S. Krieg
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Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und öfter ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Diesmal: das Alte Palais in der Schloßstraße 1.

Es hätte gut sein können, dass das Alte Palais heute längst nicht mehr steht. Bereits in den 1840 Jahren rechneten die Schweriner damit, dass der zweiflüglige Zweigeschosser baldigst abgerissen wird. An dessen Stelle sollte sich ganz prächtig der alte Paul Friedrich präsentieren, also nicht mehr der Großherzog höchstpersönlich, sondern ein Denkmal des Regenten. Das Standbild stellte man später tatsächlich auf, schräg gegenüber vom Palais.

Heute nutzt die Landtagsverwaltung das Gebäude in der Schloßstraße. Gebaut wurde es 1791 jedoch möglicherweise zu Wohnzwecken (wer der Architekt war, ist nicht bekannt). Jedenfalls waren die ersten Bewohner des Hauses, von denen man weiß, Erbprinz Friedrich Ludwig und dessen Frau Helena Pawlowa. Das Paar zog um 1800 dort ein; zuvor war das Gebäude für ihre Zwecke umgebaut erweitert worden. Aus diesen Tagen stammt auch die inzwischen weniger gebräuchliche Bezeichnung Prinzenpalais.
Nach ihrem gescheiterten Russlandfeldzug im Jahr 1812 landeten französische Soldaten in Schwerin; deren Befehlshaber, der gefürchtete Marschall Louis-Nicolas Davout, richtete 1813 im Palais für einige Zeit sein Hauptquartier ein.

Friedrich Ludwigs Gemahlin war zu dem Zeitpunkt bereits tot; sie starb 1803. Der Erbprinz und spätere Erbgroßherzog bewohnte das Palais bis zu seinem Tod Ende 1819.
Über den nächsten fürstlichen Residenten in dem Palais schreibt Wilhelm Jesse in seiner „Geschichte der Stadt Schwerin“: „Paul Friedrich nahm seine Wohnung im Alten Palais, da ihm das neustädtische wegen seiner Lage nicht zusagte und er so in der unmittelbaren Nähe des Kollegiengebäudes [heutiger Sitz der Staatskanzlei – d. A.] wohnte. Das Palais bot wenig Annehmlichkeiten. Die Wohnzimmer des Großherzogs lagen über dem Tordurchgang zum Theater. Größere Räumlichkeiten fehlten ganz. Diesem letzteren Übelstande, den der lebensfrohe Herr besonders unangenehm empfand, wurde noch im Jahre 1837 durch einen von Demmler ausgeführten Anbau eines Saales (1912 abgebrochen) und einiger Nebenzimmer abgeholfen.“

Zu diesem Zweck kaufte der Großherzog zwei anliegende Häuser und Grundstücke in der Ritterstraße, die dann ins Palais integriert wurden. Zur Einweihung des Saals fand ein großer Ball statt.
Bereits 1818 ließ Johann Georg Barca das Palais um knapp neun Meter auf der Seite zum Alten Garten erweitern. Dirk Handorf schreibt in „Der Alte Garten. Geschichte eines Platzes in Schwerin“ (Thomas Helms Verlag) dazu: „Durch diese Vergrößerung erhielt das Bauwerk seine bestehende asymmetrische Fassade. Das einzige aufwendigere Bauteil in dem ansonsten sehr schmucklosen Fachwerkbau ist die Empirehaustür, die wohl im Zuge der Barcaschen Bautätigkeit beschafft wurde.“

Übrigens wollte Paul Friedrich eigentlich gar nicht allzu lange in dem Eckhaus wohnen, sondern plante einen Schlossneubau an der Stelle, wo jetzt das Museum steht. Daraus wurde jedoch nichts, und so residierte der Sohn des Erbprinzen bis zu seinem frühen Lebensende 1842 zusammen mit seiner Frau Alexandrine im Alten Palais. Sie überlebte nicht nur ihren Mann, sondern auch ihren Sohn Friedrich Franz II., der 1883 das Zeitliche segnete. Jesse behauptet: „Als ehrwürdige Greisin im Rollstuhl vor dem alten Palais war sie den Schwerinern eine bekannte und liebe Erscheinung.“ Nun, gekannt hat man sie sicherlich, aber ob sie deswegen wirklich so beliebt war, da gehen die Meinungen heutzutage auseinander.

Nach dem Tod der Großherzogswitwe 1892 wohnten in dem Haus, das zu ihren Ehren vorübergehend Alexandrinenpalais genannt wurde, zunächst Hofbedienstete. Auch in den folgenden Jahren blieb es ein Wohnhaus – bis es 1934 eine Gaststätte werden sollte, was jedoch das zuständige Finanzministerium ablehnte.
Zu DDR-Zeiten wurde das Gebäude unter anderem vom VEB Saat- und Pflanzengut, landwirtschaftliche Kulturpflanzenarten, genutzt und war Sitz des Bezirksvorstands sowie des Bezirkssekretariats der Demokratischen Bauernpartei Deutschlands.

Ab August 1999 wurde das Alte Palais ein Jahr lang restauriert (Kosten: rund 4,5 Millionen Mark). Dabei bekam die Fassade einen neuen Anstrich in Grau (vorher war sie weiß), und das schöne Fachwerk wurde gleich mit überpinselt. Seit dem Jahr 2000 sitzen Teile der Landtagsverwaltung darin. Das Gebäude zählt mit zum sogenannten Residenz­ensemble, für das der Weltkulturerbestatus beantragt wurde. S. Krieg