13.03.2025

Hausgeschichten

Von Dach zu Dach durch die Natur

Es ist Frühling: Mitten in der Stadt führen Wege kilometerweit ins Grüne
Der Rastplatz Ostorfer See steht direkt neben der Brücke, die Krösnitz und Dwang verbindet.
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Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und öfter ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Dieses Mal hinter solche, die gar keine Grenze zwischen drinnen und draußen bieten: Die Rastplätze zwischen Lankower und Faulem See lassen viel Frühling hinein.

Hinter Fassaden ganz ohne Fassaden? Das geht, zumindest im Frühling, wenn alle nur noch nach draußen wollen. Das erste pralle Frühlingswochenende des Jahres 2025 lockte bereits Anfang März und gab einen Vorgeschmack auf die Freiluftsaison. Deshalb sind die Fassaden dieses Mal keine richtigen, sondern eher Dächer auf Stelzen. Die stehen in regelmäßigen Abständen an den Rad- und Wanderwegen um die Schweriner Seen und versprechen Regenschutz sowie Schatten fürs Picknick. Dazwischen gibt es viel Natur – und jede Menge Geschichte.

Zum Beispiel am Lankower See. Der Rastplatz auf halbem Weg zwischen Nord- und Südufer steht mitten in den Lankower Bergen. Menschen, die aus den Alpen kommen, lächeln jetzt möglicherweise müde, aber Schweriner sind mit dieser Landschaftsbezeichnung aufgewachsen. Das Endmoränengebiet mit Hängen zum See entstand während der letzten Eiszeit vor ca. 20.000 Jahren und wurde lange landwirtschaftlich genutzt. Die Hänge, auf denen das schwierig war, taugten immer noch als Weide. Und nicht nur das. In den 1950er Jahren entdeckten Moto­r­sportler das Potenzial. Eine der vier offiziellen Motocross-Strecken der DDR befand sich am Südufer, bis 1975 fanden dort Wettkämpfe statt – auch mit Welt- und Europaschaftsläufen. Heute sind es eher die Radfahrer, die den Weg um den See nutzen, Jogger und Spaziergänger kommen dazu. Und sie müssen nicht am Lankower See bleiben, denn der gut ausgebaute Radfernweg Hamburg-Rügen führt seit 2019 weiter zum Ostorfer See.

Hoch oben am Hang winkt dort der nächste Rastplatz mit einem Blick auf den See, der ebenfalls Erbe der letzten Eiszeit ist. Und wie bereits am Lankower See fällt auf, dass der Frühling nicht nur Menschen aktiv macht. Die Stockenten schwimmen längst pärchenweise, genauso die Höckerschwäne. Auch andere Entenarten wie die Reiherente und die Kolbenente finden hier in den Schilfgürteln ein attraktives Wohnumfeld.

Nach erfolgreicher Rast lockt nur ein kleines Stück weiter der kleine Grimke-See, der sich in einer Seenkette mit dem Ostorfer See befindet. Der Radweg führt jetzt über den Alten Friedhof und es lohnt sich, auf dieser Etappe Abstecher einzulegen. Direkt neben dem Weg sind zum Beispiel Grabsteine aus verschiedenen Zeiten aufgestellt, die als Lapidarium einen Einblick in die Sepulkralkultur geben.

Beim Grimke-See müssen Wanderer dann aufpassen, dass sie ihn nicht links – oder in diesem Falle rechts – liegenlassen. 2,5 Hektar groß und maximal 1,2 Meter tief ist er einer der kleinsten Seen von Schwerin. Fledermäuse, Vögel und Amphibien, Reptilien und Insekten finden ihn dennoch großartig. Neben der artenreichen Fauna gedeihen hier auch Pflanzen wie Wiesenknöterich und Fieberklee.

Aber der nächste Rastplatz ruft: wieder am Ostorfer See, genauer an der Brücke zwischen Dwang und Krösnitz. Die 92 Meter lange stählerne Konstruktion verbindet seit 2021 die beiden Halbinseln und damit auch den Radfernweg
Hamburg-Rügen mit dem Residenzstädte-Rundweg.

Sehr schnell gelangen Wanderer so vom Ostorfer zum Faulen See. Auch dort: Schützende Dächer über den Rastplätzen, wer bereits vom Lankower See kommt, ist hier unter Umständen schon etwas müde und freut sich besonders. Am Zoo vorbei findet der Weg Anschluss an den Franzosenweg – und damit kann die Runde dann am Schweriner See weitergehen. Franzosenweg heißt die Straße, die zu den schönsten der Landeshauptstadt zählt, übrigens deshalb, weil Kriegsgefangene im Deutsch-Französischen Krieg diesen Abschnitt bauen mussten. Wieder ein Stück Geschichte und auch Rastplätze
locken hier – natürlich.
Katja Haescher