18.07.2025

Hausgeschichten

Kunst unter dem Zeltdach

Für die kommende Spielzeit ist das Theaterzelt am Küchengarten Ausweichspielstätte fürs Große Haus
Die Bühne hat eine Spielfläche von zehn mal zehn Metern, zusätzlich eingezogene Wände sollen die Akustik verbessern.
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Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und öfter ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Heute hinter eine temporäre: die des Theaterzelts am Küchengarten, in dem gerade die Schlossfestspiele laufen.

„Die Pfosten sind, die Bretter aufgeschlagen, und jedermann erwartet sich ein Fest ...“ Oder vielleicht Festspiele? So ließe sich aktuell in Schwerin der Text von Goethes Theaterdirektor aus dem Faust ergänzen, denn die Schlossfestspiele haben auf der frisch aufgeschlagenen Bühne am Küchengarten mit Lehars „Lustiger Witwe“ Fahrt aufgenommen. Es ist die erste Inszenierung unter dem neu gespannten Himmel des Theaterzelts.
Theaterzelt, nicht Zirkuszelt, wie Intendant Hans-Georg Wegner betont. Weder gibt es sperrige Holzbänke noch eine Manege. Stattdessen ist das Zelt muschelförmig gegliedert – mit der Bühne am Fuß und den Zuschauerplätzen in den sich auffächernden Rippen. Rund 500 Theaterbesucher finden hier auf gepolsterten und nicht zu schmalen Stühlen Platz.

Die 14 Sitzreihen sind im Halbkreis angeordnet. Das Orchester sitzt vor der Bühne, deren Spielfläche mit zehn mal zehn Metern Größe nur geringfügig kleiner ist als die im Großen Haus. Dennoch: Im Zelt kommen Zuschauer und Künstler auf engerem Raum zusammen. Das ist künstlerisch eine spannende Konstellation – bei gleichzeitig logistischer Herausforderung, so der technische Direktor Hans Hoffmann. Akustik, Licht, Temperatur, auch das Wetter draußen, Hoffmann erklärt, was es bei einer Spielstätte unter Planen zu beachten gibt. Ein Zeltmeister kontrolliert zum Beispiel die Windverhältnisse. Das Zelt ist ein Thermo-Zelt, bei dem zwei Häute übereinander liegen – es heizt sich deshalb nicht so schnell auf, verliert aber auf der anderen Seite des Thermometers auch keine Wärme. Und apropos Zelthaut: „Haben Sie gesehen, wie perfekt gespannt die ist?“, wollte Intendant Wegner bei der ersten Führung durch die temporäre Spielstätte wissen. Er lieferte seine Erklärung auch gleich mit: Das Zeltdach wurde in Italien genäht und jeder, der schon mal einen italienischen Anzug getragen habe, wisse um den perfekten Sitz. 

Das blaue Zeltdach korrespondiert mit dem dramatischen Rot der Wände. Im Foyerzelt hat ein Kronleuchter aus dem Theater Platz gefunden, der Intendant wollte unbedingt ein Accessoire aus dem Stammhaus mitnehmen.

Insgesamt stehen am Küchengarten drei Zelte: für die Bühne, fürs Foyer und für den Backstage­bereich. Auch Maske, Kostüme und Requisiten müssen schließlich einen Platz finden. Dazu kommen 21 Container. 

Einer besonderen Logi(sti)k folgen bei kommenden Produktionen auch die Bühnenbilder: Während im Theatergebäude am Alten Garten ein Trakt mit sieben Meter hohen Toren Bühne und Kulissenmagazin verbindet, ist die Öffnung im Zelt eher eine normal dimensionierte Tür. Die Bühnenbilder müssen sich also klein zusammenklappen lassen, um hier hindurch in einen Container geschoben zu werden. Deshalb sollen künftig maximal zwei Stücke alternierend gespielt werden. Was ebenfalls noch wichtig ist: Rollstuhlplätze werden vor der Bühne ebenerdig angeboten, auch Behindertenparkplätze sind direkt am Theaterzelt ausgewiesen.