Hausgeschichten PR-Anzeige
Wo mal die Polizei zu Hause war
Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und öfter ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Diesmal: die frühere Gendarmeriekaserne in der Amtstraße 21-23.
Wo früher die Gendarmen ihren Sitz hatten, könnten nun ein Hotel und eine Anlage für betreutes Wohnen entstehen. Jedenfalls sind dies die Pläne eines potentiellen Schweriner Investors. Noch gehört die Immobilie im Osten Schwerins jedoch nicht ihm, sondern nach wie vor der Stadt, die aber derzeit eine sogenannte Anhandgabe vorbereitet.
Bevor die Kaserne errichtet wurde, befanden sich auf dem Gelände nahe des Schweriner Innensees bereits von der Gendarmerie genutzte Einrichtungen. Um Platz zu schaffen, wurde zuletzt das alte Oberwachtmeisterhaus abgerissen. Rainer Parchmann schreibt in seinem Buch „Militärbauten in Mecklenburg 1800 - 1918“ dazu: „Im jährlichen Bericht zu den Baumaßnahmen wurde 1864 vermerkt, dass die Wohnung des Gendarmeriechefs in so schlechtem Zustand ist, dass sie nicht bezogen werden kann. Einige Jahre später wurden das zweistöckige Kasernenhaus als völlig abwegig eingeschätzt und die Finanzen für einen Neubau bewilligt.“ Der Bau begann 1874 und war 1875 beendet, die Kosten dafür betrugen laut Parchmann 57.000 Mark. Eingerichtet wurden seinerzeit neben Dienst-, Lager- und Unterkunftsräumen auch Wohnungen.
Das L-förmige, zunächst nahezu symmetrische Gebäude wurde irgendwann zwischen 1920 und den späten 1930er Jahren auf der Südseite um acht Achsen verlängert. Und so sieht es im Prinzip noch heute aus. 1946 verlegte die Volkspolizei jedoch den Haupteingang von der Mitte an die Seite. Das war direkt nach dem Einzug der uniformierten Freunde und Helfer. Zuvor wurde das Gebäude als Wohnhaus genutzt.
Mitte der fünfziger Jahre erweiterte die Polizei das Haus um mehrere Anbauten.
Anfang der sechziger Jahre zog das Volkspolizei-Kreisamt aus der Goethestraße in den erweiterten Komplex in der Amtstraße. Es folgten diverse weitere Dienststellen und -bereiche. Unter anderem waren dort bis zur Wende zu finden: ein Bereich der Bezirksbehörde der Volkspolizei, das Pass- und Meldewesen, Kriminalpolizei, Schutzpolizei, Verkehrspolizei und das Erlaubniswesen. Außerdem waren eine Waffenkammer, eine Tankstelle, eine Werkstatt und sogar ein Diensthundezwinger auf dem Gelände ansässig.
Nach dem Ende der DDR wurde die Immobilie weiter polizeilich genutzt: Die Kriminalpolizeiinspektion, die Führung der Polizeidirektion Schwerin, das Kriminalkommissariat, die Führung der Polizeiinspektion, die Einsatzleitstelle, die Landesfahrbereitschaft und der Einsatzzug für besondere Lagen der Inspektion Zentrale Dienste hatten dort ihr Domizil. Vor zehn Jahren aber verlagerte die Polizei ihren Sitz an den Standort Graf-Yorck-Straße. Der landeseigene Betrieb für Bau und Liegenschaften, in dessen Besitz das Gelände bis dahin war, verkaufte die Immobilie sofort an die Stadt.
Ab 2009 wurden nach und nach die Nebengebäude abgerissen. Übrig geblieben ist nur der L-förmige Hauptbau. Und der steht seit 2008 leer. Einzig das Mecklenburgische Staatstheater hauchte den Gemäuern zwischendurch etwas Leben ein – im Jahr 2017 für das Projekt „Umsiedeln“.
Der mögliche Investor, der noch nicht genannt werden möchte, muss laut Auskunft der Stadtverwaltung nun „ein schlüssiges planerisches und finanzielles Konzept erstellen“, auf dessen Basis eine Verkaufsempfehlung erfolgen könne. Und dann zieht vielleicht schon bald wieder endgültig Leben in die einstige Gendarmeriekaserne ein. S. Krieg