14.05.2013

Hausgeschichten PR-Anzeige

Wo Kunst zu Hause ist

Das Staatliche Museum gehört zu den Prachtbauten auf dem Alten Garten
Fotos: Katja Haescher
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Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und mehr ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Heute am Alten Garten, an dessen Nordseite eine Schatzkammer für Kunst aus mehreren Jahrhunderten steht.

Geheimnisvolle Lüftungsschächte, links- und rechtsdrehende Treppen und Marmor aus dem Palast der Republik – das Schweriner Museum am Alten Garten steckt voller spannender Geschichten. Es war 1882, als das Galeriegebäude als „Museum für Kunst und Alterthümer“ seine Türen öffnete. Das von Architekt Hermann Willebrand projektierte Haus war zu diesem Zeitpunkt selbst alles andere als altertümlich: Glasdächer ließen das Licht von oben in die Galerieräume. Zweischalig errichtete Wände waren ein wichtiger Beitrag zum Brandschutz. Unter dem Bau befanden sich Kanäle, in denen das Seewasser stand und die darüber hinweg streichende Luft befeuchtete, die dann wiederum durch Schächte in die Ausstellungsräume gelangte und diese kühlte – eine ausgeklügelte Klimaanlage. „Der Bau wurde als sehr gelungen gelobt, unter anderem in einem Aufsatz in der Deutschen Bauzeitung“, weiß Dr. Gero Seelig, der als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Museum tätig ist.
Das Galeriegebäude entstand mit dem Ziel, die Sammlungen der Schweriner Herzöge und Großherzöge aufzunehmen. Großherzog Paul Friedrich hatte die Residenz 1837 wieder aus Ludwigslust nach Schwerin verlegt. An der Stelle des heutigen Museums wollte sich der Fürst von seinem Lieblingsbaumeister Demmler ein repräsentatives Stadtpalais errichten lassen.
Die Grundmauern waren bereits errichtet, als der Regent 1842 überraschend starb. Sein Sohn, der neue Großherzog Friedrich Franz II., wollte lieber auf der Schlossinsel residieren und ließ das alte Schloss standesgemäß umbauen – dabei erhielt es sein heutiges Aussehen. Damit musste aber auch die Kunstsammlung der Vorfahren einen neuen Platz finden. Provisorisch wurde diese in zwei am Pfaffenteich angemieteten Häusern untergebracht – so gedrängt und schlecht, dass der Leiter der Großherzoglichen Kunstsammlungen Eduard Prosch ständig Eingaben schrieb. Als letztes großes Bauprojekt Friedrich Franz II. entstand schließlich auf den Grundmauern von Paul Friedrichs ursprünglich geplantem Stadtpalais das Museum – nach mehr als 30 Jahren Ruhe auf der Baustelle.  Der 1878 verstorbene Eduard Prosch erlebte die Eröffnung nicht mehr. Erster Direktor des Großherzoglichen Museums wurde der Kunsthistoriker Friedrich Schlie. Sein winziges Büro ist heute Teil der Ausstellung von Kunst des 21. Jahrhunderts. Dr. Seelig bedauert, dass es aus Schlies Zeit keine Fotos der Ausstellungsräume gibt. Dass diese jedoch unglaublich voll gewesen sein müssen, verraten Bestandskatalog und Museumsführer, die parallel zur Eröffnung erschienen. Im Museumsführer sind 1400 Gemälde aufgelistet – heute werden 250 bis 300 gezeigt. Viel Zeit für die Betrachtung dieser Fülle blieb indes nicht: Das Museum war täglich nur zwei Stunden geöffnet.
Die Besucher schritten zu dieser Zeit über die repräsentative Treppe zur Eingangstür hinter dem Portal, das mit seinen ionischen Säulen an einen antiken Tempel erinnert. 1907 kam ein weiterer Anbau dazu, der den größten der Ausstellungssäle beherbergt. Hier ist zurzeit Jean Baptiste Oudrys berühmte „Menagerie“ untergebracht, eine Intarsienarbeit im Parkett stammt aus dem Schweriner Schloss.
Ebenfalls aus dem Schloss ins Museum verlegt wurde der aus dem
16. Jahrhundert stammende Altar der Schlosskirche, der im 19. Jahrhundert dem neogotischen Choranbau weichen musste. Weil der Altar als wichtiges Symbol christlichen Glaubens zu DDR-Zeiten nicht gern gesehen war, erhielt davor – sozusagen als Wandschirm – Theodor Schloepkes monumentales Gemälde „Niklots Tod“ seinen Platz. Wo sich das Bild befand, ist noch heute am Fußboden dieses Raumes sichtbar: Der Marmor, übrigens ein Restposten, der beim Bau des Palastes der Republik in Berlin übrig geblieben war, reicht nur bis zu dieser Stelle. Rings um den Altar ist noch der alte Fußboden zu sehen.
Doch nicht nur die Geschichten machen das Museum zu einem spannenden Ort, sondern auch die Kunst, die hier zu Hause ist: die exzellente Sammlung holländischer und flämischer Malerei des 17. und 18. Jahrhunderts beispielsweise, die Oudry-Kollektion und die Sammlung Marcel Duchamp. Und auch wenn der Eingang heute unten ist: Nicht versäumen sollten Besucher, wenigstens einmal die große Freitreppe emporzusteigen. Von hier oben öffnet sich ein wunderbarer Blick auf Schloss, Schlossgarten und Alten Garten.