13.09.2019

Hausgeschichten

„Von einer gewissen Bedeutung“

Die Schleifmühle arbeitete zu ihrer wichtigsten Zeit vor allem für den Bau des Schlosses
Heute ist die Schleifmühle ein liebevoll gepflegtes Museum und hübsches Kleinod am Faulen See.
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Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und öfter ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Diesmal: die Schleifmühle.

Dr. Wilhem Jesse, der wohl bekannteste Schwerin-Chronist, schreibt in seinem Werk „Geschichte der Stadt Schwerin“: „1708 ließ er [Friedrich Wilhelm – d. A.] durch seinen Ingenieur-Kapitän von Hammerstein den vorderen Teil des Gartens [gemeint ist der Schlossgarten – d. A.] neu anlegen. Am Faulen See erbaute er 1700 die Loh- und Pulvermühle (heute Schleifmühle), die nach ihrer Zerstörung durch eine Wasserflut 1708 und zum zweiten Male durch Soldaten 1719 neu errichtet wurde.“

Andere Quellen geben erst 1704 als Baujahr der Schleifmühle an. Im Ausstellungsführer „Vom Stein zum Schloss“ schreibt Dr. Ralf Gehler sogar, dass erst „im Jahre 1704 herzogliche Beamte den Auslauf des Faulen Sees zur Anlegung einer Mühle begutachteten“.

Jedenfalls wurde die Mühle im Laufe ihres Bestehen immer mal wieder anders genutzt, wie es Jesse ja auch schon erwähnt. Nach der Herstellung von Lohe diente sie kurzzeitig als Graupenmühle der Getreideverarbeitung. Erst Mitte des 18. Jahrhunderts baute man sie zur Schleifmühle um. In seiner „Chronik der Haupt- und Residenzstadt Schwerin“ von 1862 schreibt Ludwig Fromm dazu: „Die großherzogliche Schleifmühle war von Herzog Friedrich eingerichtet worden, auf ihr sind u. A. die vier Tischplatten geschliffen, welche sich in den großherzoglichen Schlössern befinden. Sie stand damals unter dem Hofmarschallamte, wurde aber … unter die specielle Leitung Demmlers gestellt, unter welcher viele der Arbeiten für das neue Residenzschloß dort theils verfertigt, theils begonnen wurden.“ Baumeis­ter Georg Adolf Demmler war von 1842 bis 1851 für die Schleifmühle verantwortlich.

Jesse schreibt, die Erzeugnisse der Schleifmühle seien „von einer gewissen Bedeutung“ gewesen. Er fügt jedoch hinzu. „Kaufmännisch wurde das Werk aber kaum ausgenutzt, da die Gegenstände infolge der mühevollen Bearbeitung ziemlich teuer waren.“ Aber immerhin habe die Mühle „unter Demmlers Leitung auf der Höhe ihrer Leistungen“ gestanden. Hauptsächlich arbeitete sie seinerzeit für den Bau des nahe gelegenen Schlosses. Hergestellt wurden laut Jesse vor allem Granitsäulen, Tischplatten, Wandplatten und Ähnliches. „Später“, schreibt Jesse weiter, „wurden die Wasserkraft und die Räumlichkeiten der Mühle für den Spinnereibetrieb der Firma Verhein benutzt.“ In diesem Fall heißt „später“ etwa zehn Jahre nach Demmlers Schleifmühlenzeit. Bis Anfang des 20. Jahrhunderts wurde an diesem Ort dann noch Wolle gesponnen.

Mitte der 1980er Jahre baute die Stadt die Schleifmühle zu einem Museum um. 1996 übernahm der Stadtgeschichts- und -museumsverein Schwerin das Objekt, das zum Schweriner Residenz­ensemble zählt. Der Verein betreibt auch die Website www.schleifmuehle-schwerin.de, auf der viel Wissenswertes dazu, unter anderem die ausführliche Chronik der Schleifmühle, zu finden ist.

Die Mühle steht am 28. und 29. September 2019 auch im Blickpunkt der Tage der Industriekultur am Wasser. S. Krieg