15.03.2024

Hausgeschichten

Sonnenlicht und frische Luft

Neues Garnisonslazarett sollte gute Bedingungen in Krankenzimmern bieten und die Stadt verschönern
Repräsentativ: Das einstige Garnisonslazarett hatte seinen festen Platz im Plan zur Stadtverschönerung.
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Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und öfter ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Diesmal im einstigen Garnisonslazarett im Lobedanzgang, das ein Stück Schweriner Medizin- und Stadtgeschichte erzählt.

So aber nicht! Das Fundament des neuen Garnisonslazaretts am kleinen Exerzierplatz in Schwerin war 1864 bereits errichtet, als Großherzog Friedrich Franz II. Baustopp verfügte: Auch der Militärbau müsse sich in den Demmlerschen Plan zur Stadtverschönerung einfügen. Dieser sah vor, dass das Gebäude mit der Längsfront an der Allee stehen sollte, die den Alten Garten mit der Neustadt verband. Also ging es zurück auf Los: Die Fundamente wurden abgetragen und am Südrand des Platzes aufgestellt – Militärbaumeister Ludwig Wachenhusen kannte sich mit Befehlen aus. Der Schinkelschüler konnte trotz dieses Verzugs zeitnah liefern: 1869 war der repräsentative Bau fertig.

Ein neues Lazarett war nötig geworden, nachdem die Garnison Mitte des 19. Jahrhunderts gewachsen war. Natürlich sollte der Neubau auch vernünftige Bedingungen bieten: frische Luft und helle Räume für Kranke und Genesende beispielsweise – und die räumlichen Kapazitäten, Patienten mit epidemischen Krankheiten von anderen zu trennen.

Reinhard Parchmann hat in dem Buch „Militärbauten in Mecklenburg“ viele Einzelheiten zu dem 482.000-Taler-Projekt zusammengetragen. So lagen die Krankenzimmer in den beiden Obergeschossen der Sonnenseite. Wohnungen und Diensträume des Verwalters und eines Arztes befanden sich im Erdgeschoss,  im Keller wiederum wurde gekocht und gewaschen.
Bei der Indienstnahme verfügte das Lazarett über 78 Betten. Der Bedarf stieg im Ersten Weltkrieg, als die Zahl auf 100 erhöht wurde und es in den Krankenstuben enger wurde. Vier bis sechs Patienten teilten sich einen Raum, Einzelzimmer gab es lediglich für Offiziere.

Ohnehin scheint die Raumaufteilung nicht die beste gewesen zu sein. Dies kam zur Sprache, als man 1919 in Schwerin überlegte, die Gebäude von städtischem Krankenhaus und Lazarett zu tauschen. Die Ärzte monierten  sowohl die Kapazität als auch die Arbeitsbedingungen im Lazarett. Schlechte Noten bekamen Belüftung, Wasserdruck und Latrinen, außerdem fehlten Zentralheizung und Warmwasseranlage.

Für ein mögliches Krankenhaus waren das keine guten Voraussetzungen. Immerhin waren um das Jahr 1900 Räume zur medizinischen Behandlung, für Operationen und fürs Röntgen entstanden. Wenige Jahrzehnte später war das Lazarett jedoch schon wieder zu klein. Nach der Machtergreifung Hitlers wuchs das Militär, Deutschland rüstete auf. Das Gebäude wurde jetzt um einen Ost- und einen Westflügel erweitert: 1936 trat die Sanitätsstaffel hier zum Richtfest an. Der Ostflügel bekam bei dem Erweiterungsbau nicht nur einen neuen Operationstrakt, sondern im Keller auch Luftschutzräume.

Nach dem Zweiten Weltkrieg blieb das Lazarett in den Händen des Militärs – jetzt der Roten Armee. Den Schwerinern blieben nähere Einblicke verwehrt: Die „Militärstadt Nr. 9“ war von einer Mauer umgeben, deren Eingang ein Wachposten im Lobedanzgang sicherte. Am 10. November 1946 wurde die Fußgängerbrücke über die Eisenbahnstrecke in der Von-Thünen-Straße gesperrt. Neben dem Lazarett befanden sich auf dem 7,4 Hektar großen Areal auch Wohnungen von Soldaten und deren Familien.

Wohnungen prägen das Gelände auch heute. 2001 begann der Umbau des denkmalgeschützten Gebäudes zur „Schloss­park-Residenz“. Rund 130 Apartments mit Größen zwischen 50 und 150 Quadratmeter sind hier entstanden. Und der kleine Park vor dem Nordportal sorgt heute wie zur Entstehungszeit für den stadtverschönernden Anblick. 

Katja Haescher