18.08.2017

Hausgeschichten PR-Anzeige

Schmuckstück am Pfaffenteich

Was aus dem Sitz der einstigen Kuetemeyer-Stiftung geworden ist
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Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und öfter ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Diesmal: hinter die der August-Bebel-Straße 29.

Das Haus ist den meisten Schweri­nern noch bekannt als „das alte Standesamt“, aber geheiratet wurde dort ursprünglich nicht. Denn zunächst nutzte es die „Kuetemeyer-Schenke-Steinecke‘sche Stiftung“ als Verwaltungsgebäude.
Johann Hermann Kuetemeyer war von 1803 bis 1820 Schweriner Bürgermeister. Bei der Gründung seiner Stiftung im Jahr 1849 zählte sie 226 Mitglieder und verfügte über ein stattliches Vermögen von 314.580 Mark. Der Bau des Hauses in der damaligen Marienstraße in den Jahren 1893/94 kostete über 90.000 Mark, eine gewaltige Summe zu jener Zeit.

Als Architekt wurde Gustav Hamann beauftragt, der unter anderem auch den Aussichtsturm auf Kaninchenwerder, die künstliche Ruine Reppiner Burg, die Schelfschule und die Katholische Schule in Schwerin baute. Für den Stiftungssitz nahm er sich allerdings vor allem den Fürstenhof in Wismar aus dem 16. Jahrhundert zum Vorbild (der nach dem Palazzo Roverella in Ferrara gestaltet wurde), aber auch das große Schloss Schwerin und das kleine in Gadebusch.

Hamann lehnte sich teils an Renaissance-Formen an und entwarf den Bau letztlich im so genannten Johann-Albrecht-Stil. Die dazu gehörigen Terrakotten, die noch heute die Fassade schmücken, wurden in Schwerin hergestellt: in der Großherzoglichen Kunstziegelei am Kläterberg (nahe Ziegel-Innensee, nicht weit weg von der August-Bebel-Straße). Als das Haus fertig war, stand es noch sozusagen solo in der Marienstraße; ringsum befanden sich Gärten, die weiteren Gebäude kamen erst nach und nach hinzu.
Am Bau selbst beteiligten sich unter anderem Maurermeister Cleve, Zimmermeister Andreas, Steinmetz
Schäfer, Bildhauer Buchholz, Drechslermeister Cramer und Dekorationsmaler von Occolowitz.
Die Kuetemeyer-Stiftung war wohltätigen Zwecken gewidmet und verlieh Geld an bedürftige Bürger sowie Klein­unternehmer. Aber im Jahr 1941 lösten die Nazis die Stiftung auf, das Geld ging an die Stadt Schwerin über.

Im Juni 1942 wurde in dem Gebäude in der Krügerstraße (so hieß sie während der NS-Zeit) das Standesamt untergebracht. Seit 1912 befand es sich in der Königstraße (die heutige Puschkinstraße). Übrigens wurden im Schweriner Standesamt im Jahr 1955 bereits über 800 Ehen geschlossen, 1977 waren es dann schon etwa 1.300 Paare, die sich hier das Ja-Wort gaben (inzwischen sind es allenfalls halb so viele).

Bereits Ende 2003 zog das Schweriner Standesamt in das Stadthaus um, jedoch wurden noch bis 2008 in der August-Bebel-Straße Paare getraut. Danach stand es erstmal eine ganze Weile leer. 2010 kaufte der Schweri­ner Immobilienunternehmer Martin Henning Bischoff das schmucke Haus am Ost-Ufer des Pfaffenteichs. Er ließ das Gebäude aufwendig und mit viel Liebe zum Detail sanieren. Seit Sommer 2015 zeigt es sich wieder als echtes Schmuckstück der Schelfstadt.

Inzwischen wird der repräsentative Haupttrakt des Hauses inklusive Saal vom „Ayurveda Campus“ genutzt, im oberen Teil befinden sich Wohnungen, die durch einen Nebeneingang erreichbar sind. S. Krieg

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