19.03.2010

Hausgeschichten PR-Anzeige

Realgymnasium, Pos, Grundschule

Friedensschule ist fest in der hand der Kinder
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Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und mehr ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Heute in der Friedensstraße, deren auffälligstes Gebäude fest in der Hand der Kinder ist.

Wer aus der Altstadt in Richtung Friedensschule läuft, muss bergauf stapfen: Das Gebäude liegt an einem der höchsten Punkte im eigentlich flachen Schwerin. Und eigentlich müsste es besser heißen: Es thront. Mit seinen verzierten Giebeln und dem gewaltigen Dach, den Säulen und Bögen und roten Backsteinen ist das Schulhaus eines der markantesten Gebäude der Paulsstadt. „Ein Kinad hat einmal zu mir gesagt: Die Schule sieht aus wie eine Kirche“, erzählt Schulleiterin Regina Böttcher. Das stimmt aufs Wort, denn das  im neogotischen Stil errichtete Haus wirkt würdevoll und ein bisschen respekteinflößend.
Das  ist jedoch schnell vergessen, wenn die 273 Grundschüler auf dem Schulhof toben. Auch innen ist auf den ersten Blick zu sehen, dass in dem ehrwürdigen Gebäude junge Leute ein und aus gehen: Bunt und fröhlich – so ist der Eindruck. Bilder aus dem Kunstunterricht schmücken die Wände, die Bögen und Gewölbe in den Fluren sind in Rot, Grün, Grau und Gold gestrichen. „Das ist die historische Farbgebung, die bei der Sanierung des Treppenhauses wieder aufgetragen wurde“, sagt die Schulleiterin. Diese Liebe zum Detail ist auch an vielen anderen Stellen sichtbar – wie zum Beispiel in der 1888 errichteten und 2000/2001 sanierten Turnhalle, die heute ein unterirdischer Gang mit dem Schulgebäude verbindet. In diesem Gang sind moderne Umkleideräume, Duschen und Toiletten untergebracht. Eine Halbkugel mit Bullaugen, die von außen wie ein UFO aussieht, bildet eine Kuppel über dem Korridor und lässt Tageslicht herein.
Apropos modern: Als 1885 das auf Anweisung von Friedrich Franz II. errichtete Realgymnasium seine Türen öffnete, galt das Gebäude als Vorzeigebau. Es gab bereits Fachräume für Chemie und Physik und ein Observatorium auf dem Boden, außerdem erfolgte 1891 der Anschluss an Wassernetz und Kanalisation, so dass auch die hygienischen Verhältnisse sehr gut waren. 1898 erleuchtete Gasglühlicht die Klassenräume, 1928 erhielt die Schule elektrisches Licht. Die Schüler kamen aus gutbürgerlichem Hause, denn nicht jeder konnte sich das Schulgeld von 90 Mark im Jahr leisten. „Die Lehrstunden währen morgens von 8 bis 12 und nachmittags von 2 bis 4“, hieß es in der Schulordnung aus dieser Zeit, von der noch heute eine Kopie in der dicken Chronik der Friedensschule erhalten ist.
Der zweite Weltkrieg beendete den Schulalltag: Im Februar 1945 wurden Flüchtlinge in der Schule einquartiert. Im März des gleichen Jahres entstand hier ein Wehrmachtslazarett, in dem bis zu 800 Verwundete versorgt wurden. Im Oktober 1945 musste eine Typhusstation eingerichtet werden, ein Jahr später war das Gebäude vorübergehend sowjetische Kommandantur. 1950 wurde dann aus der Schule endlich wieder eine Schule – noch getrennt nach Jungen und Mädchen – bevor im Jahr darauf erstmals gemischte Grundschulklassen unterrichtet wurden. 1956 veränderte sich die Friedensschule zur zehnklassigen polytechnischen Oberschule (POS). Das wirkte sich auch auf die Raumstruktur aus: Aus dem einstigen Zeichensaal des Realgymnasiums, der wie die Aula in einem der Giebel untergebracht war, entstanden mehrere Klassenzimmer und die Schülerbibliothek.
Seit 1993 ist die Friedensschule wieder eine reine Grundschule, in der Kinder der ersten bis vierten Klasse lernen. Sie nutzen auch die wunderschöne alte Aula mit ihren Bleiglasfenstern und dem verzierten Holzgewölbe. Hier finden Schülerkonzerte und Zeugnisausgaben statt, außerdem Unterrichtsstunden des Konservatoriums, mit dem die Schule eng zusammenarbeitet. Der Verein „Schweriner Spielleute“ probt hier und auch die Shantygruppe. Es herrscht also Betrieb in den alten Mauern. Und daran soll sich auch in Zukunft nichts ändern.