Hausgeschichten PR-Anzeige
Namensgeber für ganze Strasse
Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und mehr ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Heute in einem Haus, das als Münzprägewerkstatt und Ministerhotel eine wichtige Rolle in der Schweriner Geschichte spielte.
Seit mehr als 60 Jahren ist das Haus in der Münzstraße 8 nun Sitz des Oberkirchenrats. Und eigentlich müsste es nicht „nun“ heißen, sondern „wieder“: Bereits 1856 bezog die sechs Jahre zuvor eingerichtete Behörde Diensträume in dem damals als Ministerhotel genutzten Gebäude. Aber der Reihe nach.
Das einstige Wohnhaus, das sich heute mit seiner klassizistischen Putzfassade von anderen Gebäuden der Münzstraße unterscheidet, entstand um 1715. Weil Baudirektor und Kammerrat Sturm die Pläne gezeichnet hatte, sprach man in der Stadt schnell vom „Sturmschen Haus“. „Zur Entstehungszeit ähnelte das Gebäude ganz gewiss noch den anderen Fachwerkhäusern in der Straße“, sagt Martin Maercker. Er ist Mitarbeiter des Oberkirchenrats und hat sich viel mit der Geschichte des Dienstsitzes beschäftigt.
1759 kaufte die Regierung das Haus und errichtete hier eine Münze mit Walzwerk, in der 1778 die ersten Geldstücke geprägt wurden. „Wo genau die Werkstatt lag, ist allerdings nicht bekannt“, sagt Maercker. Sicher ist jedoch, dass die Münze der Straße ihren Namen gab. 1828/29 erhielt das Haus bei einem ersten Umbau die klassizistische Fassade mit zwei Kopfbauten und rundbogenförmigen Eingängen. 1850 wurde die Münzprägung dann eingestellt: Die beiden Großherzogtümer Mecklenburg-Schwerin und Mecklenburg-Strelitz ließen ihre Landesmünzen fortan in Berlin und Dresden herstellen, bevor 1873 die einheitlichen Reichsmünzen eingeführt wurden.
Eine neue Nutzung für die Schweriner Prägestätte war jedoch schnell gefunden. Architekt Hermann Willebrand baute das Gebäude zum Ministerhotel um. „Dieser Name klingt im ersten Moment seltsam“, weiß Maercker. „Doch die Erklärung ist einfach: Hier befand sich die Schweriner Dienstwohnung des Staatsministers im Range eines Ministerpräsidenten.“ 1858 zog als erster Staatsminister Jaspar von Oertzen ein und auch seine Nachfolger nutzten das Haus in der Münzstraße 8. Damit die hohen Beamten in dem Haus nicht nur arbeiten, sondern auch repräsentieren konnten, verlängerte Willebrand das Gebäude um 1,50 Meter in Richtung Hof und schuf so Platz für den Festsaal im ersten Obergeschoss.
Die Pracht aus Vergoldungen, Fenstern und Spiegeln vermuten die Wenigsten hinter der schlichten Fassade. „Ich gehe schon 30 Jahre hier vorbei und habe nie gewusst, dass es diesen Saal gibt“ - diesen und viele andere Sätze des Erstaunens hört Maercker bei Führungen - wie zum Beispiel am Tag des offenen Denkmals - immer wieder. Denn das Interesse der Schweriner an dem Gebäude ist groß. 1996 begann die schrittweise Wiederherstellung des Festsaals, der inzwischen im Originalzustand von 1858 erstrahlt. Die Bayerische Landeskirche als Partnerkirche unterstützte die Evangelisch-Lutherische Landeskirche Mecklenburgs bei der Sanierung, weitere Hilfe kam von der Deutschen Stiftung Denkmalschutz. Inzwischen befindet sich das ganze Gebäude in landeskirchlichem Eigentum. Seinen Sitz in der Münzstraße hat der Oberkirchenrat seit 62 Jahren. Davor nutzte die Behörde bereits 1856 - wie eingangs erwähnt - Diensträume in dem Haus. Als die Aktenstapel wuchsen und der Platz nicht mehr ausreichte, verließ sie die Schelfstadt und zog 1892 in das neue Regierungsgebäude in der Schlossstraße um. Nach einer weiteren Zwischenstation im Neustädtischen Palais kehrte der Oberkirchenrat im Juli 1947 in die Münzstraße zurück.