22.01.2010

Hausgeschichten PR-Anzeige

Erinnerungen ans „Casino”

Historischer Saal ist heute Teil des Seniorenzentrums in der Pfaffenstraße
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Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und mehr ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Heute in der Pfaffenstraße 3, wo der Casinosaal im heutigen Vitanas Seniorencentrum so manchen Schweriner an durchtanzte Nächte erinnert.

Ach, das Casino! Zahlreiche Schweriner geraten ins Schwärmen, wenn sie an Live-Auftritte der Lieblingscombo, fröhliche Betriebsfeste und Familienfeiern und die ersten schüchternen Stolperschritte auf dem Parkett der Tanzschule denken.
„Viele unserer Bewohner und ihre Angehörigen verbinden Erinnerungen mit dem Saal der Traditionsgaststätte. Eine Bewohnerin hat hier sogar ausgeschenkt“, sagt Petra Rassau, Assistentin der Hausleitung des Vitanas Seniorencentrums „Im Casino“. Diesen Namen trägt die Einrichtung nicht ohne Grund: Der vielen bekannte Saal hinter der denkmalgeschützten Fassade der Pfaffenstraße 3 wurde in die moderne Senioreneinrichtung integriert.
Herzstück des innerstädtischen Komplexes ist ein mit Glas überdachter Lichthof, um den sich mehrere Neubauten gruppieren. Eine Wand besteht allerdings aus Fachwerk: Es ist die Außenwand des Baudenkmals „Casino“ mit dem historischen Saal. „Sie musste jedoch neu aufgemauert werden, da die alte Substanz sehr marode war“, erklärt Petra Rassau. Auch im Saal gab es einige Veränderungen: So wurde der gesamte Raum „tiefer gelegt“, da sich im Zuge des Umbaus die Etagenstruktur veränderte.
Veränderungen erlebte das Haus in der Pfaffenstraße in den Jahren seines Bestehens viele. 1837 kaufte Hofzimmerermeister Clewe das Grundstück, auf dem ein Jahr später das Casino im klassizistischen Stil entstand. Mitte des 19. Jahrhunderts war das Haus Treffpunkt des aufstrebenden Bürgertums. So kam hier zum Beispiel der Architekt Georg Adolph Demmler mit Gleichgesinnten zusammen. 1848 gründete sich im Casino die erste mecklenburgische Abgeordnetenversammlung und verabschiedete eine Verfassung, die allerdings 1850 auf das Betreiben fortschrittsfeindlicher Kräfte hin wieder zurückgenommen wurde. 1883 entstand die „Kasino-Gesellschaft zur Abhaltung geselliger Zusammenkünfte“. Aus dem Stadtarchiv hat Petra Rassau auch erfahren, dass unter diesem Dach zum Beispiel 1900 die 1. Mecklenburgische Jagd-Ausstellung stattfand, auf der ein vom Kaufmann Paschen in Kamerun erlegter Gorilla gezeigt wurde. Schon um 1900 gab es im Casino Tanzstunden, bei denen noch die Mütter über Wohlergehen und Tugend ihrer Töchter wachten. Auch die Gaststätte erfreute sich immer großer Beliebtheit. „Bürgerlich vornehmes Restaurant, gut gepflegte Biere und Weine, Vereinen und Clubs aufs Beste empfohlen, schöne Säle, sehenswert das Jagdzimmer“ werden in einer Anzeige von 1911 die Vorzüge angepriesen. Zu DDR-Zeiten gehörte das „Casino“ als Konsumgaststätte der Konsumgenossenschaft. Die beiden Säle spielten im Kulturleben der Stadt immer eine große Rolle.
Seit 2006 gehört das Casino vor allem den Senioren: Das Vitanas Senioren Centrum ist ein Zuhause für ältere Menschen, die hier Zuwendung, Geselligkeit und Betreuung finden. Und übrigens: Es wird wieder getanzt. Der Saal, der als Speiseraum und für Freizeitveranstaltungen genutzt wird, steht zu bestimmten Terminen allen Schwerinern offen. Seit 2008 finden hier regelmäßig Tanznachmittage statt, die mit Livemusik und künstlerischen Einlagen längst ein Stammpublikum anziehen.