13.04.2023

Hausgeschichten

Ein Stück altes Schwerin

Die Schmiedestraße existiert bereits seit dem Mittelalter. das einstige Kunstgewerbehaus geht im Kern aufs 17. Jahrhundert zurück.
like-imagelike-image
share email
dislike-imagedislike-image

Fachwerkhaus mit der Nummer 13 steht an der Stelle des einstigen Schmiedetores

Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und öfter ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Diesmal: in der Schmiedestraße, die in Schwerin seit dem 13. Jahrhun- dert nachgewiesen ist, und wo das Haus mit der Nummer 13 stets Fotografen lockt.

Eigentlich müsste an dieser Kreuzung der Schloßstraße ein Pfeil auf dem Pflaster sein. Einer mit der Aufschrift: Postkarte hier. Der Blick durch die Buschstraße auf den Dom und das einstige Kunstgewerbehaus im Vor- dergrund gehört zu den schönsten Fo- tomotiven, die die Stadt zu bieten hat. Gleichzeitig steht das Gebäudeensem- ble für ein altes Stück Schwerin. Zwar kann es das kleine spitzbedachte Fach- werkhäuschen nicht mit den Jahren des Doms aufnehmen, aber in seinem Kern reicht es vermutlich bis ins 17. Jahrhundert zurück.

Die Schmiedestraße selbst ist noch äl- ter. Der zwischen Markt und Fließ- graben, der heutigen Mecklenburg- straße, entstandene mittelalterliche Straßenzug ist im Jahr 1284 erstmals belegt. Ursprünglich erstreckte sich die Verbindung nur zwischen Markt und der Einmündung der späteren Bi- schofstraße. Später wuchs die Stadt, der Stadtwall wanderte in Richtung Westen zum Fließgraben und die Schmiedestraße erhielt im 17. Jahr- hundert ihren heutigen Verlauf. Übrigens wechselte sie im Gegensatz zu vielen anderen Straßen in der Stadt niemals ihren Namen, der auf die einst hier ansässigen Schmieden zu- rückgehen soll. Das erste Schmiedetor gehörte zu den alten Stadttoren, die bereits zu Zeiten der Planken – der ersten Schweriner Befestigung – Zu- gang ins Innere des Rings gewährten. Es befand sich genau an der Stelle, an der heute das Haus mit der Nummer 13 steht und wurde 1590 abgerissen. Danach wurde auf dem Grundstück erstmals ein neues Wohnhaus errichtet.
Allerdings waren es keine guten Zeiten für das Bauen in Schwerin: Im- mer wieder brachen Feuer aus. Kein Wunder – waren doch die Straßen eng und winklig, die Fachwerkhäuser mit Stroh, Rohr und Holzschindeln gedeckt. Schon ein kleiner Funke konnte in dieser Umgebung großes Unheil stiften. So fiel auch das Haus in der Schmiedestraße wie seine Nachbarn dem dritten großen Stadt- brand von 1651 zum Opfer. Das da- raufhin an der Stelle errichtete Fach- werkhaus hat sich im Kern bis heute erhalten.

Die Stadt nahm nach der Katastrophe wieder Aufschwung. Auch wenn Wilhelm Jesse in seiner 1913 erschie- nenen Geschichte der Stadt Schwerin den Einwohnern der engen Gassen und niedrigen Häuser ein „kleinstäd- tisch beschränktes und friedliches Untertanenleben“ bescheinigt – der Unternehmergeist regte sich auch hier. Die auf den Markt führende Schmie- destraße entwickelte sich gerade we- gen ihrer Lage zu einer wichtigen Ge- schäftsstraße Schwerins. Deshalb be- fand sich auch im Erdgeschoss der Nummer 13 stets ein Laden. Ein Schlachter und ein Schneider, so hat es der Leiter des Schweriner Stadtar- chivs Bernd Kasten in den Unterlagen gefunden, übten dort zum Beispiel im Jahr 1853 ihre Berufe aus. 1909 eröff- nete Otto Beggerow eine Butter- und Käsehandlung, die bis zum Ende des 2. Weltkrieges bestand.

Später zog in das kleine Fachwerkge- bäude ein Geschäft für schöne Dinge ein: Das Schweriner Kunstgewerbe- haus war in der ganzen Stadt bekannt und bot Dekoration und Gebrauchs- gegenstände aus Porzellan und Kera- mik, Holz und Glas an. Nicht selten hieß es Schlange stehen. Dafür gibt es wohl kaum einen älteren Schweriner, bei dem nicht das eine oder andere Stück aus der Schmiedestraße Num- mer 13 im Regal steht.

Aktuell dienen die Schaufenster als Ausstellungsflächen eines Immobili- enbüros und die Ausfachungen als Maluntergrund für wenig begabte Sprayer. Der schöne Blick von der Schloßstraße ist aber immer noch der alte.

Katja Haescher