15.08.2014

Hausgeschichten PR-Anzeige

Ein Stück altes Schwerin

Einstige großherzogliche Dampfwaschanstalt ist heute ein Ort des Genusses
Das Gebäude am Großen Moor heute. Die Gastronomin Christien Messerschmidt möchte gern mehr über das Haus wissen und ist auf der Suche nach historischen Fotos von der früheren Dampfwäscherei.
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Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und mehr ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Heute am Großen Moor 56, wo früher gewaschen wurde und heute genossen wird.

Nein, ein Ort der Entspannung war die Schweriner Dampf­waschanstalt zu Beginn des 20. Jahrhunderts sicher nicht. Wäschewaschen war harte Arbeit, um so mehr, wenn die Textilien eines ganzen großherzoglichen Hofes gereinigt werden mussten. Und obwohl es sich bei der Eröffnung um eine der modernsten Waschanlagen Norddeutschlands handelte, so blieb doch ein ganz gehöriger Berg Plackerei, immer be­gleitet von Hitze und Lärm.

In der „Herzoglichen Dampfwäscherei“ sieht es dagegen ganz anders aus. Die Terrasse vor dem Haus lockt mit wunderbaren Sitzplätzen und Wohlfühlatmosphäre, die sich im Innern des Gebäudes fortsetzt. Seit Beginn vergangenen Jahres heißt Christien Messerschmidt in ihrem Restaurant & Café an historischer Stätte die Gäste willkommen. Und ganz bewusst haben sich Messerschmidts dafür entschieden, dem Haus mit seinem Namen ein Stück Identität zurückzugeben. „Viele Touristen macht es neugierig und sie fragen nach Hintergründen und viele alteingesessene Schweriner finden es schön so“, sagt die Gastronomin – da lässt sich doch leicht verschmerzen, dass dem Adjektiv „herzoglich“ die Silbe „groß“ fehlt, weil sie einfach nicht ins Logo passte.

Im Auftrag von Großherzog Friedrich Franz III. plante Hofarchitekt Hermann Willebrand den Funktionsbau, der 1895 in Betrieb genommen wurde. Es ist einer der letzten Bauten Willebrands, der Schwerin mit Gebäuden wie dem Museum oder dem ehemaligen Fridericianum am Pfaffenteich seinen Stempel aufdrückte. Die polychrome Ziegelbauweise war typisch für das ausgehende 19. Jahrhundert. Die Dampfwaschanstalt ergänzte die rund um Schloss und Marstall angesiedelten Infrastruktureinrichtungen des großherzoglichen Hofes. So befand sich gleich daneben die Leinen- und Bettenkammer.

In der Wäscherei wurden aber nicht nur Leinen, sondern auch die Uniformen der Berittenen aus dem gegenüberliegenden Marstall gereinigt. „Das muss ein richtig großes Unternehmen gewesen sein“, sagt Christien Messerschmidt. Im Schweriner Adressbuch aus dem Jahr 1918 ist als Aufseherin der Waschanstalt  Margarete Forstner und als Hilfsaufseherin Wilhelmine Quade vermerkt – Waschen war Frauensache. Immerhin besaß die Anstalt 1918 sogar schon einen Telefonanschluss, der unter der Rufnummer 102 erreichbar war.

Das Jahr 1918 bedeutete auch einen Einschnitt in der Geschichte des Hauses. Mit der Abdankung des Großherzogs Friedrich Franz IV. entfiel die aufwendige Hofhaltung. Das Gebäude wurde jetzt zur Dependance und Abfüllanlage der Brauerei Schall & Schwenke. Später, zu DDR-Zeiten, befand sich in dem Haus die Schweriner Niederlassung der Lübzer Brauerei. Eine alte Postkarte zeigt das Gebäude mit umzäuntem Vorplatz, in der oberen Etage befanden sich zu diesem Zeitpunkt bereits Wohnräume.

Vom Bier war es inhaltlich nur noch ein kleiner Schritt zur heutigen gastronomischen Nutzung – wenngleich viele Jahre dazwischen lagen. 2008 wurde das Haus nach aufwendiger Sanierung als Wein- und Sekthandel mit Bistro eröffnet. Im Januar 2013 übernahm Familie Messerschmidt das Gebäude und führt hier seitdem das Restaurant und Café Herzogliche Dampfwäscherei als Familienbetrieb. Bei der Gestaltung des Gastraums haben sich Messerschmidts von der Historie des Hauses inspirieren lassen. Neben großformatigen Bildern aus der Geschichte des Wäschewaschens finden sich an den Wänden alte Monogramm-Schablonen, mit deren Hilfe Initialen in die Wäsche gestickt wurden. Im Obergeschoss stehen heute Räume für Familienfeiern und Tagungen bereit, ein Saal und ein Wintergarten vervollständigen das Angebot. Der ehemals kahle Vorplatz ist zu der lauschigen Terrasse geworden, die gerade jetzt im Sommer lauter Lieblingsplätze bietet.

Christien Messerschmidt ist begeistert, dass – wie sie sagt – nur liebe Gäste den Weg hierher finden. „So habe ich zum Beispiel neulich einen Gast angesprochen und ihm erzählt, dass ich gern mehr zur Historie dieses Gebäudes erfahren würde“, sagt sie. Prompt borgte ihr der Besucher beim nächsten Mal einen Bildband über den Baumeister Hermann Willebrand. Und gern möchte Chris­tien Messerschmidt die Frage auch öffentlich weitergeben: Wer mehr zur Geschichte der Großherzoglichen Dampfwaschanstalt weiß oder sogar Fotos aus früheren Jahren hat, würde der Gastronomin damit eine große Freude machen.