18.03.2022

Hausgeschichten

Ein Schweriner Traditionshaus

Geschichte des Weinhauses Uhle beginnt im 18. Jahrhundert mit einem herzoglichen Privileg
Der mehr als 100 Jahre alte Rittersaal ist eine echte Sehenswürdigkeit.
like-imagelike-image
share email
dislike-imagedislike-image

Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und öfter ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken.
Diesmal im Weinhaus Uhle, dessen Geschichte bis ins 18. Jahrhundert zurückreicht.

Frey-Wein-Schenker: So durfte sich Johann Georg Uhl mit dem 17. April 1751 nennen. An diesem Tag nämlich verlieh Herzog Christian Ludwig II. dem Weinhändler das Recht, „allerhand Weine und Brandtweine ... einzulegen...“ Das Know-how im Umgang mit den edlen Tropfen hatte Uhl vermutlich aus dem Württembergischen mitgebracht und als er einige Jahre später ein Grundstück in der heutigen Schusterstraße erwarb, legteer den Grundstein zum wohl traditionsreichsten Schweriner Handelshaus.
Auch eine erste Weinschenke soll sich hier befunden haben. 1843 ließ der Enkel des Firmengründers mit Namen Johann Georg Ernst Uhl ein vierstöckiges Haus errichten, welches auch den „Uhlenhorst“ beherbergte – eine bei den Schwerinern beliebte Weinstube. In den folgenden Jahrzehnten ging es mit dem Wein und auch mit den Titeln munter weiter. 1896 verlieh Friedrich Franz III. Johann Uhle den Titel „Kommerzienrat“, mit dem hinzugefügten „e“ taucht der Familienname seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts auf. Und auch der Firmensitz veränderte sich: Anfang des 20. Jahrhunderts ließ Carl Bühring an der Ecke Schusterstraße/1. Enge Straße ein neues Geschäftshaus errichten. Der Neffe von Johann Uhle engagierte zu diesen Zweck einen Architekten aus Charlottenburg, der in das Gebäude unter anderem einen prächtigen
Festsaal für 80 Personen einbaute. Die bleiverglasten Fenster, holzgetäfelten Wände und schillernden Kronleuchter zeigen noch heute, warum der „Rittersaal“ zu den echten Sehenswürdigkeiten der Residenzstadt gehörte. Der gleiche Status kam auch dem Herz des Unternehmens – dem Weinkeller – zu. Mit ca. 4000 Quadratmetern Größe lagerten hier all die Mosel-, Rhein- und Bordeauxweine, für die Uhle bei seinen Kunden berühmt war. Der Platz in den Kellern wurde auch an anderen Orten in der Stadt immer weiter aufgestockt und war schließlich so üppig, dass hier rund eine Million Flaschen und bis zu 900.000 Liter Wein in Fässern Platz fanden. Wer aber trank nun diesen ganzen Wein? Zum Kundenstamm von Uhle gehörten fast alle mecklenburgischen Adelsfamilien und natürlich tranken auch die Schweriner Bürger und Bohemiens ordentlich mit. Der Schriftsteller Heinrich Seidel jedenfalls erwähnt den „Uhlenhorst“ gleich mehrfach in seinen Werken. Und auch der allerhöchsten Aufmerksamkeitkonnte sich Uhle gewiss sein: Als1906 das Weinrestaurant im neuen Gebäude eingeweiht wurde, war kein Geringerer als Großherzog Friedrich Franz IV. dabei.
Neben dem Wein lockten in der Schusterstraße exklusive Speisen. In ihrem Buch „Zu regem Besuche ladet höflichst ein“ erzählen Hans-Joachim Falk und Hans-Werner Figura auch die Geschichte dieses „ersten Hauses am Platze“, das unter Carl Bühring abermals einen Aufschwung genommen hatte: Aus der Küche in der dritten Etage des Hauses wurden die Speisen mittels zweier Aufzüge ins Restaurant transportiert, neben der warmen Küche gab es auch eine kalte Küche, einen Fischraum und eine Patisserie. 1953 wurde Uhle als VEB Sektkellerei Schwerin verstaatlicht. Die HO übernahm das Restaurant – und auch wenn es jetzt offiziell keine Haute Voleé mehr gab, war ein Besuch bei Uhle dennoch exklusiv: Eine Flasche sowjetischer Sekt schlug mit 23 Mark und 40 Pfennigen zu Buche.
Eine weitere Zäsur kam mit der Wende, zwischenzeitlich war Uhle mehrere Jahre geschlossen. Heute ist es wieder ein Ort der Gastlichkeit.
Katja Haescher