13.11.2009

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Demmlers Logenhaus in „Obotritengelb”

Das Gebäude in der Schlachterstraße ist Treffpunkt der Freimaurer
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Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und mehr ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Heute in der Schlachterstraße, wo das Logenhaus der Schweriner Freimaurer einen geheimnisvoll klingenden Namen auf der Außenmauer trägt: „Harpokrates zur Morgenröthe“.

Zwei Rundbogentüren und darüber zwei ebensolche Fenster: Das gelbe Haus in der Schlachterstraße 17a ist in seiner Zeile etwas Besonderes. „Verwandte“ sind allerdings in der näheren Umgebung zu finden. „Wer es mit dem Schweriner Rathaus vergleicht, wird vieles wiedererkennen“, sagt Dr. Claus Hemmer. Er ist Vorsitzender Logenmeister der Johannisloge „Harpokrates zur Morgenröthe“, der das Gebäude gehört. Die Ähnlichkeit mit dem Rathaus ist alles andere als zufällig: Schwerins Baumeister Georg Adolph Demmler entwarf die Pläne für das Rathaus und auch für das Logenhaus, das im 19. Jahrhundert seine neue Fassade erhielt. Demmler, selbst bekennender Freimaurer, hatte das Haus 1846 gekauft und seiner Loge geschenkt.

Das Wort „Loge“ stammt vom englischen „lodge“, was „Hütte“ bedeutet. Damit weist der Begriff auf den Ursprung der Freimaurerei, die sich aus der Tradition der europäischen Dombauhütten heraus bildete. Zirkel und Winkelmaß sind noch heute Symbole des Männerbundes, der auf Werten wie Menschlichkeit, Toleranz und Tugend beruht. Nicht von ungefähr entstanden die Freimaurerlogen im Zeitalter der Aufklärung: Das Bürgertum emanzipierte sich und strebte danach, Leben und Denken selbst zu bestimmen.

Im Nazideutschland galt dies allerdings nicht als Tugend. 1935 wurde das Schweriner Logenhaus in Staatseigentum überführt. Die Nazis konfi szierten auch die Ausrüstungsgegenstände, darunter ein kostbares Silberbesteck. „Ein Parteibonze an der Tafel Friedrich Hildebrandts, Reichsstatthalter in Mecklenburg, soll sich einmal gebrüstet haben, er speise mit dem Besteck der Herzöge zu Mecklenburg - so hatte er die eingeprägten Buchstaben ‚HzM‘ gedeutet. Dabei hieß dies nichts anderes als ,Harpokrates zur Morgenröthe‘“, weiß Claus Hemmer.

Als die Freimaurer ihr Logenhaus 1992 wieder übernahmen, gab es keine Überraschungsfunde im Keller und auf dem Dachboden: Die gesamte Einrichtung war verschwunden. Darüber hinaus befand sich das Haus in einem sehr schlechten Zustand, denn während der DDRJahre war kaum in die Werterhaltung investiert worden. „Das Haus war völlig heruntergewirtschaftet“, erinnert sich Hemmer. Der Gewölbekeller lag bis unter die Decke voll mit Schutt, der per Hand herausgetragen werden musste. Das Dach war so beschädigt, dass es den Blick in den Himmel freigab. Heute blickt man im Logenhaus wieder in den Himmel über Schwerin - allerdings in einen künstlichen.

In einem großen schlichten Raum in der ersten Etage strahlen mit Bronzefarbe überzogene Sterne aus Holz an der blau gestrichenen Decke. Dieser Raum ist der Tempel, in dem die von Außenstehenden oft als geheimnisvoll empfundenen Rituale der Freimaurer stattfinden. Gleichzeitig dient der Raum aber auch anderen Veranstaltungen, wie zum Beispiel öffentlichen Vorträgen. Die Anordnung der Sterne ist nicht willkürlich: Sie zeigt den mitternächtlichen Himmel über Schwerin an einem 24. Juni, dem Johannistag. Die Himmelsfarbe Blau ist in dem Gebäude an mehreren Stellen zu finden. „Es ist die Farbe der Johannislogen“, erklärt Claus Hemmer.

Neben der Loge „Harpokrates zur Morgenröthe“, die in diesem Jahr ihr 200-jähriges Bestehen feierte, nutzen die Loge „Eintracht in Freiheit“ und der Verein „Schlaraffi a Suerina“ das Haus. „Das macht uns die Erhaltung etwas leichter“, sagt Hemmer. Ganz ist die Sanierung nicht abgeschlossen: Das Dachgeschoss ist noch nicht hergerichtet. Die anderen Teile sind mit viel Sorgfalt für die historische Substanz erhalten worden. Natürlich ist auch das „Obotritengelb“, wie Hemmer einen für Schwerin typischen Fassadenton nennt, auf die Außenfront zurückgekehrt. Bliebe noch das Geheimnis um Harpokrates zu lüften: Der Sohn der Göttin Isis ist der ägyptische Gott der Verschwiegenheit, die als freimaurerische Tugend gilt, und der Gott der aufgehenden Sonne.