Hausgeschichten PR-Anzeige
Das Holzhaus auf dem See
Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und mehr ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Heute in der Bornhövedstraße 65c, wo ein altes Bootshaus Seebären und Landratten gleichermaßen glücklich macht.
„Und am Ende der Straße steht ein Haus am See …“, das mag vielleicht bei Peter Fox so sein. Aber dieses Haus am Ende dieser Straße steht sozusagen auf dem See. Ein Steg führt zur Eingangstür und wer ihn überquert, atmet schon die erste Prise dieses unverwechselbaren Geruchs nach feuchtem Holz. Es ist die perfekte Einstimmung auf das Haus dahinter, das auf Pfählen im Wasser thront.
Der „Angler II“, heute eine urige Kneipe, ist eng mit der Geschichte des Motorboot- und Anglervereins „Greif“ verbunden. Der schuf sich 1926 einen eigenen Raum, in dem die Mitglieder fortan das Vereinsleben pflegten: mit Blümchentapete, Gartenstühlen, Schlips und Bilderbogen. „So angezogen kommt heute keiner mehr“, sagt Claudia Mull lachend und nickt zu einem Schwarz-Weiß-Foto, das die Vereinsgründer zeigt: acht gesetzte Herren in dunklen Anzügen.
Claudia Mull, die alle nur Claudi nennen, Axel Loheit und Matthias Matthies bilden den Kern der Angler-Crew – haben also sozusagen die Kapitänsmütze auf. Sie bewirtschaften das Haus seit September 2013. Zuvor war der Angler als Vereinskneipe in die Jahre gekommen – die Mitglieder wurden älter und gingen nicht mehr so oft auf ein Bier, kurz, es wurde Zeit für frischen Wind.
Der wehte jedoch recht behutsam durch das alte Gehölz, denn der Charme des Hauses und die enge Verbindung zum Verein sollten unbedingt erhalten bleiben. So gibt es noch heute die alte dunkle Holzdecke und die bemalten Rundbögen, die aufgrund alter Fotos wiederhergestellt worden sind. Einige Ausstattungsstücke sind dazugekommen und erzählen von großen Fischzügen und Reisen. Eine hölzerne Galionsfigur schaut mit ernster Nachsicht in die Runde, so, als wolle sie sagen: Na, hier rockt ja heute wieder das Boot.
Ob die hölzerne Dame sich wirklich mal unter den Bugspriet eines Schiffes duckte, ist nicht bekannt. Aber auch nicht wichtig. Denn hier geht es um die wohlige Atmosphäre einer Hafenkneipe – und da kann ein bisschen Seemannsgarn nicht schaden. Von der ursprünglichen Ausstattung nicht erhalten ist eine kleine Aussichtsplattform auf dem Dach, von der es einen wunderbaren Blick auf den Schweriner See gegeben haben muss. Sie ist auf Fotos zu sehen, die Claudi in einem alten Album gefunden hat.
Den wunderbaren Blick gibt es natürlich weiterhin vom Steg an der Seeseite, wo eine kleine Terrasse das süße Nichtstun befördert.
Hier wird aber auch klar, warum der „Angler“ nicht für Großveranstaltungen geeignet ist. Bei allem, was die Crew in die Küche rollt, muss sie die Statik des Pfahlhauses im Blick behalten. Das Gleiche gilt, wenn zu Konzerten und Veranstaltungen auf der kleinen, neu eingebauten Bühne eingeladen wird: Die Besucherzahl ist dann begrenzt. Für Claudi macht genau das den Reiz des „Anglers“ aus: Er ist ein kuschliges Nest, eine Hafenkneipe, in der jeder anlanden kann und egal, woher er kommt, unter Freunden ist.
Bliebe noch die Frage des Namens zu klären. Die Nummerierung erklärt sich aus der Tatsache, dass es ein Stück weiter am Seeufer auch noch das Gebäude eines zwei Jahre zuvor gegründeten Vereins, den Angler I, gibt. Aber darüber hinaus? Claudi zuckt mit den Schultern: „Ich glaube, die Schweriner haben es einfach schon immer so genannt.“ Katja Haescher