15.03.2023

Hausgeschichten

Bankgeschichte und Jugendstil

Das ehemalige Bankhaus in der Friedrichstraße entstand am Beginn des 20. Jahrhunderts.
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Hinter die markante Sandsteinfassade in der Friedrichstraße zieht jetzt ein Hotel

Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und öfter ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schlie.lich sind Geschichten von H.usern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Diesmal in der Friedrichstra.e 5/7, wo sich ein altes Bankgeb.ude gerade wandelt. 

Hermes über der Tür einer Bank? Das wirkt seltsam, ist doch der Olympier mit den Flügelsandalen unter anderem Gott der Diebe. Aber eben auch Gott der Kaufleute – da passt er wieder. Und er ist Schutzgott der Reisenden – das passt bald, denn aus dem Gebäude der einstigen mecklenburgischen Hypotheken- und Wechselbank in der Friedrichstraße wird ein Hotel entstehen. Für das mehr als 100 Jahre alte Gebäude in der Innenstadt verspricht das endlich wieder eine Nutzung – und die Chance, den in Schwerin seltenen Jugendstil herauszustreichen. Der findet sich in dem Gebäude schon beim Blick auf die Fassade und deren Stuck- und Figurenschmuck. Weiter geht es im Innern mit Ornamenten im Bereich der Türen und im repräsentativenTreppenhaus, das von einem Fenster mit umlaufendem floralen Band geprägt wird. Florierende Geschäfte hatten auch zur Entstehung des Gebäudes in seiner heutigen Form geführt. 1871 war in Schwerin die mecklenburgische Hypotheken- und Wechselbank mit einem Gründungskapital von drei Millionen Talern eröffnet worden. In Paragraph 2 des Statuts wird die „Vermittlung und Erleichterung des Capital- und Creditverkehrs“ als Zweck der Gesellschaft genannt. Die Entwicklung, besonders im Hypothekenund Pfandbriefgeschäft, verlief rasant, so dass die Geschäftsräume in der heutigen August-Bebel-Straße schnell zu klein wurden. 1878 zog die Bank deshalb an einen neuen Standort in der Friedrichstraße um. Im gleichen Jahr hatte das Unternehmen außerdem die Bodenkredit-AG übernommen, die in den Strudel der Gründerkrise geraten war. Die Hypothekenbank hingegen konnte sich weiter festigen. 
Das zeigte sich bald auch nach außen. In den Jahren zwischen 1904 und 1906 entwarf der Berliner Architekt Wilhelm Martens für die Friedrichstraße ein repräsentatives Gebäude mit einer in Schwerin seltenen Sandsteinfassade. Nur wenige Jahre später, zwischen 1912 und 1914, musste dieses bereits erweitert werden. Das übernahm jetzt Hans Jessen, ein Schüler Martens‘. Er baute in Richtung Osten, also zum Markt hin, an das Bankhaus an. Andere Möglichkeiten gab es in dieser absoluten Innenstadtlage nicht, da das Gebäude nach hinten an den Kreuzgang des Doms grenzte und dort nicht weiter wachsen konnte. Bankkunden gelangten über den westlichen Eingang in eine repäsentative Kassenhalle. Der 21 mal 26 Meter große Raum wurde durch Stützen und Pfeiler gegliedert, eine repräsentative Holzbalkendecke verlieh dem Ganzen eine seriöse Gediegenheit. Kleine holzgetäfelte Kabinette gab es auch im Keller, hier hatten Kunden die Gelegenheit, den Inhalt ihrer Schließfächer diskret einzusehen. Hölzern auch das Direktorenzimmer in der ersten Etage mit Wand und Deckenverkleidung, die allerdings erst in den frühen 1920er Jahren entstand und vermutlich auf den Schweriner Architekten Hans Stoffers zurückgeht. Ein einheimischer Künstler war es auch, der das große Fenster im Treppenhaus entwarf. Rudolf Koenigsberg, 1867 in Crivitz geboren und Sohn eines Schornsteinfegermeisters, hatte seine Fähigkeiten als Kunstglaser in Amerika vervollkommnet und um die Wende zum 20. Jahrhundert eine Werkstatt in Schwerin eröffnet. Die Glasfenster in der Kirche in Kladow bei Crivitz und in der Schweriner Handwerkskammer sind Beispiele seines Könnens, das ihm 1904 bei der Weltausstellung in St. Louis eine Silbermedaille einbrachte – verliehen für ein Fenster mit einem mecklenburgischen Dorfmotiv. 
Später beherbergte das Gebäude die Landeskreditbank und die Staatsbank der DDR, dann die Deutsche Bank. Nach deren Auszug spielte das Bankhaus sogar in einem Theaterstück mit, „Lob des Kapitalismus“ wurde hier gegeben. Nun wird das Gebäude Hotel, in dem 100 Doppelzimmer in schönster Innenstadtlage entstehen werden.

Katja Haescher