14.08.2009

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Verbesserung für Erben

Reform des Erbrechts ist beschlossene Sache - Inkrafttreten am 1. Januar 2010
Fachanwalt Sven Klinger
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Nachdem das neue Erbschaftsteuerrecht zu Beginn des Jahres in Kraft getreten ist, hat der Gesetzgeber jetzt auch die Reform des Erbrechts beschlossen. Wir sprachen mit dem Schweriner Fachanwalt für Erbrecht Sven Klinger über die Änderungen.

Handelt es sich bei dem neuen Gesetz um eine richtige Reform des Erbrechts oder sind die beschlossenen Änderungen nur kosmetischer Natur?

Die Reform ist ein Schritt in die richtige Richtung. Sie trägt der gesellschaftlichen Entwicklung jedoch nicht hinreichend Rechnung.

Kann man denn sein Vermögen künftig frei vererben?

Nein. Eine Grenze ist weiterhin vor allem durch das Pflichtteilsrecht gesetzt. Der Erbe muss auch nach der Reform mit der Geltendmachung eines Pflichtteilsanspruches durch die Pflichtteilsberechtigten rechnen. Eine Reduzierung der Pflichtteilsquote von der Hälfte des gesetzlichen Erbteils auf ein Achtel oder ein Viertel zum Beispiel wird es nicht geben. Allerdings hat der Erbe künftig bessere Möglichkeiten, auf die Höhe des Pflichtteilsanspruches Einfluss zu nehmen.

Ist denn eine vollständige Entziehung des Pflichtteils wenigstens in den Fällen möglich, in denen sich die Kinder nicht um ihre Eltern gekümmert haben?

Eine Entziehung des Pflichtteils ist auch nach der Reform praktisch nahezu ausgeschlossen. Nur in Ausnahmefällen kam bisher und kommt künftig die Entziehung des Pflichtteils in Betracht. Man muss dem Erblasser zum Beispiel nach dem Leben getrachtet haben. Allerdings kann der Pflichtteil unter diesen Voraussetzungen künftig auch dann entzogen werden, wenn sich der Angriff zum Beispiel gegen die Lebensgefährtin des Erblassers richtet. Das war bisher nicht der Fall. Die Entziehung ist aber weiterhin nicht schon deswegen möglich, weil sich das Kind nicht um seine Eltern gekümmert und ein Eltern-Kind-Verhältnis nicht mehr bestanden hat. Der Österreichische Gesetzgeber zum Beispiel hat bei der dortigen Reform des Erbrechts mehr Mut bewiesen und in diesen Fällen die Pflichtteilsquote auf ein Viertel des gesetzlichen Erbteils gekürzt.

Sollte man also sein Vermögen zu Lebzeiten übertragen und so den späteren Pflichtteilsanspruches verringern?

Die Schenkungen des Erblassers der letzten zehn Jahre vor Eintritt des Erbfalls sind bei dem Pflichtteil bisher grundsätzlich in voller Höhe zu berücksichtigen gewesen. In Zukunft kommt der Wert der Schenkung nur noch zeitanteilig zum Tragen, also nach neun Jahren nur noch mit einem Zehntel. Das ist eine deutliche Verbesserung für den Erben und stärkt die Testierfreiheit des Erblassers. Bei Übertragungen unter Eheleuten und bei Übertragungen unter einem sogenannten Nießbrauchsvorbehalt beginnt die 10-Jahresfrist allerdings erst mit Auflösung der Ehe oder Erlöschen des Nießbrauchs, also in der Regel erst mit Eintritt des Erbfalls. In diesen Fällen kommt die Verbesserung nicht zum Tragen.

Muss sich der Pflichteilsberechtigte das anrechnen lassen, was er zu Lebzeiten von dem Erblasser selbst geschenkt bekommen hat?

Grundsätzlich nicht. Das war und ist in der Regel nur dann der Fall, wenn die Anrechnung von dem Erblasser bei der Schenkung ausdrücklich bestimmt worden ist. Nachträglich war und ist eine solche Bestimmung einseitig nicht mehr möglich. Beispiel: Der Vater schenkt seinem Sohn 100.000 Euro zur freien Verfügung und stirbt. Die Ehefrau wird testamentarische Alleinerbin. Der Nachlass des Vaters beträgt 200.000 Euro. Der Sohn hat einen ordentlichen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 50.000 Euro, weil er sich den schon erhaltenen Betrag von 100.000 Euro nicht anrechnen lassen muss. Das ist für die meisten nicht nachvollziehbar. Daher sollte die Anrechnung mit der Reform kraft Gesetz der Regelfall sein, zumindest aber die Anrechnung auch nach der Zuwendung in einem Testament möglich gemacht werden. Von diesem Gedanken hat sich der Gesetzgeber verabschiedet. Es ist bei der bisherigen Regelung geblieben.

Wird die Pflege des Erblasser bei den erbrechtlichen Ansprüchen berücksichtigt?

Die Pflege des Erblassers wird nach dem derzeitigen Recht nur berücksichtigt, wenn sie unter Verzicht auf eigenes berufliches Einkommen erfolgt ist. Die Pflege wird aber häufig neben dem Beruf erbracht, weil die meisten auf das berufliche Einkommen zur eigenen Lebensführung dringend angewiesen sind. Diesem Umstand hat der Gesetzgeber Rechnung getragen. Künftig wird es nur noch darauf ankommen, ob und in welchem Umfang gepflegt worden ist. Der pflegende Erbe kann dann aus dem Nachlass trotz gleicher Erbquote zum Beispiel mehr erhalten, als die anderen nicht pflegenden Miterben. Ein Schritt in die richtige Richtung. Allerdings bleiben die Pflegeleistungen anderer Beteiligter wie zum Beispiel der Schwiegertochter weiterhin grundsätzlich vollkommen unberücksichtigt und das geht an den tatsächlichen Lebensverhältnissen vielfach vorbei. Außerdem findet diese quotenverschiebende Bezifferung der erbrechtlichen Ansprüche nur unter den Abkömmlingen des Erblassers statt. Diesem Ergebnis sollte man durch testamentarische Anordnungen ober andere lebzeitige Vereinbarungen entgegenwirken.

Wann tritt die Reform in Kraft?

Die Reform tritt am 1. Januar 2010 in Kraft und die Regelungen gelten grundsätzlich für alle danach eintretenden Erbfälle.

 

KLINGER - Kanzlei für Erbrecht

Sven Klinger, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Erbrecht

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