19.04.2024

Leute

Museen haben eine soziale Komponente

Interview "Köpfe aus Schwerin" mit Olaf Both
Olaf Both (44) ist wissenschaftlicher Mitarbeiter bei der Stiftung Mecklenburg in Schwerin und Gillhoff-Preisträger 2024.
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Sie erhalten am 8. Juni den Johannes-Gillhoff-Preis, der für publizistische Leistungen im Zusammenhang mit Mecklenburg und der niederdeutschen Sprache vergeben wird. Was bedeutet diese Auszeichnung für Sie?
Das ist eine schöne Auszeichnung, über die ich mich sehr freue. Und sie hat mich dazu gebracht, einmal aufzuschreiben, zu welchen Themen ich bereits publiziert habe. Manchmal sind es echte „Nerd-Themen“, wie es mal ein Kollege scherzhaft nannte – zum Beispiel wo es überall noch den Brauch der Erntekrone gibt. Mein jahrelanges Ringen um den Erhalt der Museumssammlung in Schönberg bekommt mit dem Preis ebenfalls einen Punkt – auch wenn hier immer noch nicht klar ist, wohin die Reise geht, denn noch ist das Museum geschlossen.

Wie und wann haben Sie Ihr Interesse für Volkskunde und die Liebe zur plattdeutschen Sprache entdeckt?
Der Plattdeutsche Verein Rehna hatte in der Schule eine Arbeitsgemeinschaft, da habe ich als Grundschüler Platt gelernt. Ich kenne es auch von zu Hause, spannend wurde es zum Beispiel, wenn die Skatfreunde meines Großvaters zu Besuch kamen. In meinem ersten Beruf als Krankenpfleger gab es bei älteren Patienten oft vor Freude glänzende Augen, wenn ich Platt mit ihnen sprach. Später habe ich dann Museumskunde studiert. Der Wunsch entstand ausgehend von meinem Engagement im plattdeutschen Verein. Im Vorstand war ich für Trachten und Volkstanz zuständig und habe so viele Regionalhistoriker und Volkskundler kennen gelernt. Immer wieder kam die Frage: Wie ist es bei euch in Nordwestmecklenburg? Ich habe dann nach dem Studium die Leitung des Museums in Schönberg übernommen und begleitend dazu an der Viadrina in Frankfurt/Oder einen Master in Kulturwissenschaften gemacht.

Warum sind Museen zur Vermittlung der Regionalgeschichte so wichtig?
Museen sind Bildungsorte und gerade in regionalen Museen kann ein großes Publikum Kunst und Kultur erleben, ohne dafür weit fahren zu müssen. Die Stärke kleinerer Museen ist es, dass sie Menschen ermöglichen, sich zu treffen, als „dritte Orte“ also auch eine soziale Komponente haben. Die jüngste Ausstellung zu Louise Lange-Kassow, die ich im Schleswig-Holstein-Haus bei der Stiftung Mecklenburg kuratiert habe, lockte zur Eröffnung im März 150 Leute. Das zeigt, dass das Publikum sehr wohl regionale Themen wahrnimmt, auch wenn sie in der Kunstgeschichte vielleicht keine große Rolle spielen.  

Was bedeutet Ihnen Heimat?
Heimat hat viele Facetten. Sie kann regional, geschichtlich, familienbezogen, intellektuell sein. Für mich ist Heimat Nordwestmecklenburg, meine Familie. Jeder Mensch braucht eine Heimat und es ist wichtig, dieses Gefühl auch ausdrücken zu können.

Der Heimatverband sucht gerade wieder das schönste plattdeutsche Wort. Welches mögen sie am liebsten und warum?
Kommodig, das bedeutet gemütlich. Es trug den Titel „schönstes Wort“ vor einigen Jahren und es ist doch schön zu sagen, man mökt sik dat kommodig.

Interview: Katja Haescher