16.02.2024

Leute

Die Bildersammlerin

Hannelore Breitag ist mit der Videogruppe des Schweriner Seniorenbüros immer auf Achse
In ihrem Arbeitszimmer zu Hause in Seehof schneidet Hannelore Breitag das selbstgedrehte Material. Mit dem Suchbegriff „Metronom Seniorenbüro Schwerin“ sind die Filme leicht im Netz zu finden.
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Hannelore Breitag ist eine Bildersammlerin. Oder besser gesagt: Sie ist eine Sammlerin bewegter Bilder, eine, die mit Filmschnipseln kleine Geschichten erzählen möchte. Das tut sie in der Videogruppe des Schweriner Seniorenbüros: Deren Mitglieder sind mit Kamera und Mikro in der Stadt unterwegs um die Geschichten einzufangen und aufzubereiten.

Gegründet wurde die Gruppe 2009. „Ich war 2008 in den Ruhestand gegangen und habe eine Aufgabe gesucht“, erinnert sich Hannelore Breitag. Sie knüpfte Kontakte zum Seniorenbüro, in dem es eine Vielzahl von Aktivitäten und Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung gibt. Allerdings: Vieles davon hätte noch mehr Werbung verdient. Hannelore Breitags Idee war es, genau diese Werbung mit Videos zu machen. Die ehemalige Lehrerin hatte bereits zusammen mit ihren Schülern kleine Filme gedreht und kannte sich auch mit Schnittprogrammen aus – es wurde die Geburtsstunde der Videogruppe des Seniorenbüros.

Heute sind hier neun Männer und Frauen aktiv: Sie filmen und schneiden, schreiben Drehbücher, sprechen Texte ein und arbeiten sogar an kleinen Animationen. Mehr als 1000-mal wurde in der Mediathek der Medienanstalt MV zum Beispiel der Film zu den Venezianischen Tagen geklickt. Das macht die Mitglieder der Videogruppe stolz und ist Lohn für viel Aufwand: Bis zu vier Stunden Arbeit stecken in einer Filmminute.

Von der Idee zum Endprodukt ist es also ein langer Weg. Auch das Niveau, mit dem die Gruppe heute arbeitet, ist das Ergebnis vieler Etappen. „Als wir anfingen, war es learning by doing“, sagt Hannelore Breitag. „Wir haben massenhaft Fehler gemacht.“ So muss die 76-Jährige heute schmunzeln, wenn sie daran denkt, mit welchen Effekten und technischem „Krimskrams“ sie ihre ersten Filme versah.  „Ich wollte natürlich alles zeigen, was ich kann“, sagt sie und fügt hinzu: „Heute verlassen wir uns eher auf inhaltliche Dinge und weniger auf Effekthascherei.“ Der Seehoferin ist es dennoch sehr wichtig, dass „wir uns Fehler verzeihen können“. Schließlich besteht die Gruppe nicht aus Profis: Alle kommen aus unterschiedlichen Berufen und investieren zum Teil selbst in entsprechende Technik.

Apropos Berufe: Hannelore Breitag war in ihrem Berufsleben Lehrerin für Russisch und Französisch. „Sprachen hatten es mir schon immer angetan“, sagt sie. Und zwar so sehr, dass sie davon auch im Ruhestand nicht lassen kann. Zum einen, weil sie es liebt, zu reisen – ihre Tochter lebt in Australien und natürlich entstehen aus den Besuchen dort und anderswo später auch Videofilme. Zum anderen betreut sie am Seniorenbüro einen Französischkurs für Senioren. Wer dort mitmacht, möchte die grauen Zellen trainieren, vielleicht mal im Urlaub ein paar Worte sagen können, die Gemeinschaft erfahren. Hannelore Breitag will diesen unterschiedlichen Ansprüchen gerecht werden und bereitet sich auf jede Kurseinheit gründlich vor. Während der Coronazeit zog die Gruppe sogar ins virtuelle Klassenzimmer und  absolvierte den Unterricht per Zoom.

Solche technischen Herausforderungen können die 76-Jährige nicht schrecken. In der Videogruppe setzen sie und ihre Mitstreiter sich regelmäßig mit neuer Technik und neuer Software auseinander. Insofern ist ihr Hobby auch eines, in das sie nicht nur Zeit, sondern auch Geld investiert. Auf die manchmal gestellte Frage, warum sie das tue, gibt es mehrere Antworten. Eine: Es macht Spaß. So freut sich die Bildersammlerin immer wieder über die vielen Gelegenheiten, Neues zu erfahren. „Ich lerne Menschen kennen, die etwas Besonderes tun, rieche in Bereiche hinein, von denen ich null Ahnung habe und die ich anderenfalls nie kennen gelernt hätte“, sagt sie.

Viel Spaß gemacht hat der passionierten Radfahrerin zum Beispiel ein Videodreh im Freilichtmuseum in Mueß, bei dem es um das Leben vor 100 Jahren ging. Und ein Film darüber, wie es um die Barrierefreiheit in Schwerin bestellt ist, wurde sogar mit Einblendung einer Gebärdensprachdolmetscherin umgesetzt – die Videofilmer lernen ständig dazu. Ziel ist es, ein Video im Monat zu veröffentlichen.

Sehr würden sich Hannelore Breitag und die anderen Mitglieder der Gruppe freuen, wenn die Zahl der Zuschauer noch ein wenig wachsen könnte. Nicht nur der vielen Arbeit wegen, die in den Filmen steckt: Es sind auch die Informationen, ob nun zum Seniorenbüro, dem Leben in Schwerin oder Reisen in die Welt, die es lohnen, geklickt zu werden. Wer durch die Mediathek stöbern möchte: Mit den Suchbegriffen „Metronom Seniorenbüro Schwerin“ geht es ganz schnell zur Startseite.

 

Katja Haescher