15.07.2022

Leute

Zwischen Musik und Werkstatt

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Hans Jacob ist Lehrer, Musiker und Holzkünstler – mit Hang zur Perfektion

Sich begeistern können. Das ist es, was Hans Jacob ausmacht und dabei spielt es keine Rolle, ob er über Musik spricht oder über Holz. Der Schweriner ist Lehrer an der Ataraxia Musik- und Kunstschule, spielt als leidenschaftlicher Blechbläser in verschiedenen Ensembles und spannt am besten aus, wenn er in der eigenen Holzwerkstatt sägt, schleift und leimt. „Das ist für mich kein Widerspruch“, sagt Hans Jacob. „Schließlich gehört auch zur Musik handwerkliches Können – genauso wie die Arbeit mit dem Holz den künstlerischen Blick verlangt.“
Beides ist Hans Jacob wohl in die Wiege gelegt: Er wuchs auf dem Forsthof eines kleinen Ortes in der Nähe von Lenzen auf. Das Dorf hatte 36 Einwohner und ein eigenes Bläserensemble – „wahrscheinlich der Ort mit der höchsten Musikerdichte pro Einwohner“, lacht er, wenngleich der Gerechtigkeit wegen gesagt werden muss, dass nicht alle Ensemblemitglieder hier zu Hause sind. Die Eltern – beide Förster, beide Jäger – spielten Jagdhorn und andere Instrumente. Hans fing wie viele mit der Blockflöte an, dann folgte das Klavier  und schließlich wurde ein Trompeter gebraucht – der Beginn einer großen Leidenschaft. Der 33-Jährige studierte in Weimar und Hamburg, bevor er 2013 als Musiklehrer nach Schwerin kam – für ihn ein Sechser im Lotto. „Die Stadt hat ein Theater, in dem ich aushelfen kann, sie ist groß genug für Kultur und hat trotzdem einen dörflichen Charakter. Es ist schön, durch die Mecklenburgstraße zu gehen und jeden Dritten zu kennen“, sagt er.
Wenn Hans Jacob über die Arbeit mit den Schülern spricht, ist sie wieder zu spüren, diese Begeisterung. Er schwärmt vom Selbstbewusstsein, das seine Schüler erwerben, von der Jugendbrassband PotzBlech, deren Leitung er übernommen hat und in der schon viele junge Musiker eine großartige Entwicklung genommen haben. Das Selbstbewusstsein, so der Pädagoge, fordert die Trompete regelrecht ein: „Sie ist ein sehr körperliches, lautstarkes Instrument, mit dem man sich nicht verstecken kann.“ Und sie ist ungeheuer vielseitig, passt ins Sinfonieorchester genauso wie in die Jazzband. Hans Jacob selbst hat als Schüler in Blaskapellen mitgespielt – bis zu 40 Auftritte im Jahr, auf Schützenfesten, Dorffesten, beim Karneval. „Das ist jetzt nicht die Musik, die ich abends hören würde, aber sie zu spielen macht ganz viel Spaß. Und man ist immer unter gut gelaunten Menschen“, sagt er. Auch den Schülern bei Potz- Blech macht das Musizieren im Ensemble ganz viel Spaß. Die Zahl der Jugendbrassbands lässt sich in Deutschland an einer Hand abzählen, insofern ist Potz-Blech etwas ganz Besonderes. Im Oktober will Hans Jacob mit dem Ensemble bei den deutschen Brassband-Meisterschaften in Regensburg dabei sein. Bis dahin liegt noch viel Probenarbeit vor den jungen Leuten. Und auch der Dozent selbst probt regelmäßig auf seinem Instrument – sei es für Auftritte mit dem Trio „Suoni dorati“, dem Quintett „Blechlotsen“ oder dem Schweriner Blechbläser-Collegium. Vor wichtigen Auftritten kommen drei, vier Stunden
Probenarbeit täglich zusammen. Darüber hinaus ist Hans Jacob Fachgruppensprecher des Verbandes Deutscher Musikschulen und stellvertretender Leiter des Musikschulbereichs bei Ataraxia.
Stress? Das verneint er vehement. „Alles eine Frage der Organisation“, sagt der Vater dreier Töchter. Um so besser kann er in seiner Werkstatt im eigenen Haus in
Mueß entspannen. Inzwischen steht hier ein regelrechter Maschinenpark, weil immer wieder neue Projekte auch immer wieder neues Equipment fordern. Eines dieser Projekte sind die Holzbrettchen, die Hans Jacob seit einigen Jahren entwirft und baut und die als Frühstücksbrettchen genauso eingesetzt werden können wie zum Servieren. Die Idee entstand, als er Weihnachtsgeschenke für die Familie brauchte und wurde mit den Jahren immer ausgereifter. Ein Zusammenspiel von unterschiedlichen Holzsorten, verschiedene Designs und eine moderne Formensprache machen jedes Brettchen zu einem handwerklich vollkommen gearbeiteten Einzelstück. Ob nun Zehntelmillimeter beim Holz oder Sechszehntelnoten in der Musik, die Akribie, mit der Hans Jacob an seine Projekte herangeht, ist immer die gleiche. Das Holz kommt aus dem eigenen Wald seiner Eltern und der Schweriner will die schönen Stücke jetzt auch verkaufen (Kontaktmöglichkeit, auch zur Musik: hansjacobtrp@googlemail.com)
Die Brettchen sind so detailverliebt ausgetüftelt, dass schnell klar ist: Die hat jemand gemacht, der weiß, was er selbst gern benutzen möchte. Und so macht die Arbeit mit den Händen das Tun von Hans Jacob erst rund: „Natürlich ist auch die Musik Arbeit. Aber sie verfliegt, das Holz dagegen ist am nächsten Tag immer noch da.“
Katja Haescher