15.03.2024

Leute

Zusammen durch Höhen und Tiefen

Friedrun Kloth und Beagle-Pointer-Mischling Emil sind in der Rettungshundestaffel ein gutes Team
Friedrun Kloth und Emil: In regelmäßiges Training investieren die ehrenamtlichen Mitglieder der Hundestaffel sehr viel Zeit.
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Wenn Friedrun Kloth zu der roten Kenndecke greift, ist Emil aus dem Häuschen. Dann weiß der Beagle-Pointer-Mischling: Es geht los. Für den Rettungshund ruft die Arbeit – genauso wie für seine Hundeführerin, die zusammen mit Emil ein Team in der ehrenamtlichen Rettungshundestaffel des DRK-Kreisverbands Schwerin bildet.

Die beiden sind ein gutes Gespann. „Emil ist mein erster eigener Hund“, sagt Friedrun und die Betonung liegt auf „eigener“. Denn natürlich gab es auf dem Bauernhof nahe Schwerin, auf dem sie aufgewachsen ist, immer Vierbeiner. Wenn die 25-Jährige von Emil spricht, dann freut sie sich über sein „Verliebtsein in Menschen“. Das ist eine gute Voraussetzung für die Rettungshundestaffel. Ende 2019 schauten sich die beiden hier erstmals ein Training an – und sind seitdem ein Teil der Gruppe.

Friedrun Kloth hat in dieser Zeit Einsätze erlebt, bei denen die Spürnasen der Hunde den Ausschlag für ein gutes Ende gaben. Einmal hatte eine Patientin aus einer Reha-Klinik nach einem Spaziergang nicht mehr zurückgefunden. Es war im Winter, das Thermometer fiel unter Null, die Zeit drängte. Gegen 23 Uhr fand einer der Rettungshunde die Frau, die unterkühlt, aber am Leben war. „Diese Dankbarkeit zu  spüren – in dieser Situation habe ich genau gewusst, warum ich das mache“, sagt Friedrun Kloth.

Zur Rettungshundestaffel kam die gelernte Intensivkrankenschwester durch Zufall. „Ich hatte zuvor immer gedacht, das machen die Leute beruflich“, sagt die Schwerinerin. Die Möglichkeit, ehrenamtlich dabei zu sein, begeisterte sie – vor allem, weil sie auf der Suche nach Auslas­tung für den quicklebendigen Emil war und nach einer Möglichkeit, auf spannende Art Zeit mit dem Tier zu verbringen.

Zeit ist ein gutes Stichwort. Die Ehrenamtlichen bei der Hundestaffel investieren viel davon. Zweimal in der Woche ist Training, schnell kommen da bis zu acht Stunden zusammen. Über die Trainingseinheiten hinaus arbeiten die Hundeführer mit ihren Tieren und an ihren eigenen Kenntnissen. Hundestaffel, das bedeutet auch jede Menge Theorie und praktisches Können – im Umgang mit Karte und Kompass, beim Funken,  in Erster Hilfe. Bei letzterer kann Friedrun, die mehrere Jahre auf der Intensivstation gearbeitet hat, besonders punkten. Deshalb ist sie auch gleich mit in die Ausbildung eingestiegen. Davon profitiert sie sogar für ihr künftiges Berufsziel: Die junge Frau studiert an der Hamburger Fernhochschule Berufspädagogik für Gesundheits- und Sozialberufe. Gerade erwartet sie ihr erstes Kind und ist schon sehr gespannt darauf, wie der „menschenverliebte“ Emil die Ankunft des Babys aufnehmen wird.

Emil ist jetzt fünf Jahre alt. Mit einem Jahr startete er in die Rettungshundeausbildung. Eine gute Zeit: Viel älter sollte ein Tier nicht sein. Zwei bis drei Jahre dauert es in der Regel, bis Hund und Hundeführer die Prüfung ablegen.

Bevor die Vierbeiner überhaupt mit der Ausbildung beginnen, müssen sie einen Eignungstest absolvieren: auf ihr Verhalten gegenüber Menschen, vor allem,  wenn diese laut und aggressiv sind, ihre Toleranz gegenüber lauten Geräuschen wie dem Martinshorn, ihre Stressresilienz in bedrohlichen Situationen wie bei einem Feuer.

Außerdem wird die Motivierbarkeit getestet: Emil beispielsweise findet es toll, wenn nach erfolgreicher Suche ein Leckerbissen lockt; nicht irgendeiner, sondern ein wirklich besonderer Happen. „Menschen wollen ja schließlich auch bezahlt werden, wenn sie arbeiten gehen“, sagt Friedrun lachend.

Emils Arbeit beginnt, wenn seine Hundeführerin ihm die Kenn­decke anlegt. Vorausgegangen ist die Alarmierung durch die Leitstelle, in ganz MV können die Mensch-Hund-Teams zum Einsatz kommen. In den meisten Fällen suchen die Teams ältere Menschen, die sich aufgrund einer Demenz verlaufen haben. Aber auch Kinder, die nicht mehr nach Hause finden, suizidgefährdete Menschen und Pilzsammler, die im Wald die Orientierung verloren haben, brauchen die Hilfe der Retter. Emil und die anderen „Detektive“ sind Flächensuchhunde. Das bedeutet, sie laufen ohne Leine. Über eine Lampe und eine Glocke an der Kenn­decke stehen die Hundeführer im Kontakt zu ihren Tieren. Aufgabe des Menschen ist es, das Tier so zu lenken, dass es im Gelände optimal Witterung aufnehmen kann. Emil kommt zugute, dass mit dem Pointer-Erbteil ein Jagdhund in ihm steckt. Er hat eine hervorragende Nase, ist klein genug, um sich durchs Unterholz zu arbeiten und groß genug, um schnell und ausdauernd zu sein. „Emil ist ein richtiger Dorfhund“, sagt Friedrun, die genau das Unkomplizierte an ihrem Begleiter schätzt. „Zu Hunden lässt sich eine emotionale Beziehung aufbauen, sie sind Partner, mit denen man zusammen durch Höhen und Tiefen geht.“

Bei der Hundestaffel wird Friedrun jetzt erstmal einige Monate keine Einsätze begleiten – aktuell gibt es andere Prioritäten. Ihr Baby ist übrigens Hundestaffelbaby Nummer 3. Die Arbeit mit Emil geht natürlich weiter. „Und in einem halben Jahr will ich mich dann wieder einsatzbereit melden“, plant die junge Frau.

Bis zu zehn Einsätze können in einem Jahr zusammenkommen.Meist passiert es einem Rettungshund aber nur ein- oder zweimal in seiner Karriere, dass genau er einen Gesuchten aufspürt. Aber was heißt nur ein- oder zweimal: Für einen Menschen in Not und seine Familie kann das alles bedeuten.

Katja Haescher