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Urlaubstage rechtzeitig nehmen
Zuletzt hatte der Rechtsanwalt Wolfgang Leibing über Ansprüche von Arbeitnehmern berichtet, die sich aus der gelebten Praxis im Betrieb ergeben können, der sogenannten betrieblichen Übung. Dazu zählt unter Umständen auch, inwieweit einem Mitarbeiter womöglich zusätzlicher Urlaub zusteht.
Herr Leibing, nach dem Gesetz können Urlaubsansprüche recht rigoros mit dem Jahresende verfallen. Ist dies tatsächlich immer so oder kann sich ein Mitarbeiter seine Urlaubsansprüche auch über den Jahreswechsel hinaus erhalten?
Der Urlaubsanspruch erlischt tatsächlich mit dem Ende des Urlaubsjahres, falls er vom Arbeitnehmer nicht so rechtzeitig geltend gemacht wird, dass ihm dieser noch vor Jahresende gewährt werden kann. Ansonsten sagt das Gesetz, dass die Übertragung des Urlaubs in das Folgejahr nur ausnahmsweise möglich ist, wenn nämlich dringende betriebliche oder persönliche Gründe dies rechtfertigen. Also zum Beispiel die Auftragslage oder vorrangige Urlaubswünsche anderer Mitarbeiter oder krankheitsbedingte Fehlzeiten und so weiter. Aber auch dann wird der Urlaubsanspruch in der Regel nur auf die ersten drei Monate des Folgejahres übertragen. Spätestens danach geht der Anspruch dann wirklich unter.
Das kommt für viele Mitarbeiter dann bestimmt oft überraschend.
Das stimmt. Deshalb hat sich nun auch der Europäische Gerichtshof damit befasst, ob der Arbeitgeber den Mitarbeiter sozusagen warnen muss, bevor er einwenden kann, dessen Urlaubsanspruch sei verfallen.
Wie hat das Gericht entschieden, stellt sich der Europäische Gerichtshof vor die Interessen der Arbeitnehmer?
Er ist durchaus der Auffassung, dass der Zweck des Urlaubs, die Erholung und die Bewahrung der Arbeitskraft, sich nur im laufenden Jahr entfaltet und ein Ansammeln von Urlaubsansprüchen diesem Erholungszweck zuwiderläuft. Der Urlaubsanspruch geht aber möglicherweise trotzdem nicht unter, wenn der Arbeitgeber den Beschäftigten nicht angemessen aufklärt und ihm die Möglichkeit gibt, die fraglichen Urlaubstage rechtzeitig zu nehmen.
Wenn dann ein Beschäftigter trotzdem, in voller Kenntnis der Situation darauf verzichtet, seinen Jahresurlaub wahrzunehmen, dann sei gegen einen Verfall der Urlaubsansprüchen nichts einzuwenden.
Was haben also Arbeitgeber und Arbeitnehmer zu tun?
Diese Entscheidungen sind noch recht jung. Aber man kann wohl schon jetzt sagen, dass ein Arbeitgeber künftig zwar wohl keine Pflicht hat, einen Urlaubsanspruch noch kurz vor seinem Verfall zu gewähren. Wenn er aber einer Anhäufung von Urlaubsansprüchen entgehen will, muss er künftig wohl rechtzeitig den Arbeitnehmer über seine noch vorhandenen Urlaubsansprüche aufklären. Und wenn übrigens ein Arbeitgeber sich aktiv weigert, seinem Mitarbeiter Urlaub zu gewähren, dann wird ein Verfall der Urlaubsansprüche wohl ebenfalls ausscheiden.
Und was passiert, wenn der Arbeitgeber diese Aufklärung versäumt?
Dann wird dem Mitarbeiter wohl zumindest der gesetzliche Mindest-Urlaubsanspruch erhalten bleiben.