16.07.2021

Leute

„Technik einfach gestalten“

Thomas Murche ist einer der Digitalisierungsbotschafter unseres Landes
Thomas Murche will sich vernetzen und Visionen entwickeln.
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Was bedeutet Digitalisierung für Sie, Thomas Murche, und wie könnte eine digitalere Zukunft aussehen? „Wir leben in einer Zeit großer Informationsflut. Daher gilt es, Informa­tionen zu sortieren, auszuwählen und für jedermann leicht zugänglich zur Verfügung zu stellen“, hebt der 48-Jährige hervor. Entsprechend unkompliziert für den Nutzer müsse auch die dafür nötige Technik gestaltet sein.

Murche ist einer der Digitalisierungsbotschafter unseres Landes. Energieminister  Christian Pegel hatte ihn Mitte Juni dazu ernannt. Vorausgegangen war ein einmonatiges Vorschlagsverfahren. „Unsere Digitalisierungsbotschafter“, sagt der Minister, „sind Personen, die mit besonderem Einsatz zum Ausbau der Digitalisierung innerhalb unseres Bundeslandes beitragen. Mit ihrer digitalen Kompetenz und Erfahrung beraten, unterstützen und vernetzen sie regionale Unternehmen, Initiativen und Projekte und repräsentieren damit die Digital­strategie in der Öffentlichkeit.“
Thomas Murche hat sich bereits mit anderen Digitalisierungsbotschaftern ausgetauscht und zu weiteren Treffen verabredet.

Er kennt den Osten Deutschlands und die Menschen hier sehr gut. Geboren ist er in Sachsen-Anhalt nahe Bitterfeld, wo er auch seine ersten acht Lebensjahre verbrachte. Dann zog es die Familie nach Mahrzahna im südwestlichen Zipfel Brandenburgs. Zum Ende der Schulzeit fragte er sich, wohin es für ihn beruflich gehen könnte, am besten Richtung Elektrotechnik. „Nachdem ich beim Hausbau meiner Eltern dem Elektriker über die Schulter geschaut hatte, war für mich klar: So etwas möchte ich auch machen“, erinnert sich Murche.

Er schaute sich bei mehreren Unternehmen um. Am bes­ten gefiel es ihm bei der Bahn. So lernte er nach der zehnten Klasse bei der Deutschen Reichsbahn den Beruf Energieelektroniker für Anlagentechnik. „Diese Erfahrung möchte ich nicht missen. Es war eine wirklich vielseitige Ausbildung – von der Steckdose bis hin zu einer 20-kV-Verkabelung. Ich bin auf Masten geklettert, habe Motoren repariert und Muffen gebaut“, sagt er. Sein Vater teilte diese Begeisterung. So sehr, dass er daraufhin den Beruf des Elektrikers lernte, um seinem Sohn nachzueifern.

Nach dem Abschluss der Lehre holte Thomas Murche in Potsdam sein Abitur nach. Die Rückkehr auf die Schulbank fiel ihm zunächst nicht leicht. „Es war schon Hardcore, alles wieder abzurufen, Mathe, Deutsch und so weiter“, sagt er. Aber es gelang ihm, und er war bereit für ein E-Technik-Stu­dium. Das begann er 1994 in der Stadt Brandenburg. Drei Semester absolvierte er dort, dann wechselte er nach Magdeburg, weil er sich hier in seine bevorzugte Richtung Anlagentechnik spezialisieren konnte. Die Hochschule vermittelte nicht allein technische Kenntnisse, sondern es gab auch Vorlesungen über wirtschaftliche Abläufe.

Seine Diplomarbeit führte ihn zu einem Magdeburger Energieversorger, der heutigen Avacon AG. Dies war ab 1999 Murches erste Arbeitsstelle nach dem Studium, zunächst als Trainee. Viele Jahre verbrachte er dort, hatte zum Schluss leitende Positionen in der Netzwirtschaft inne. Mitte 2016 wollte er die Branche aus einer anderen Perspektive kennen lernen und wechselte zur Mutter­gesellschaft E.ON. Dort war er bis Ende August 2017 für die Steuerung des deutschen Netzgeschäfts verantwortlich.

Drei Jahre zuvor verbrachte er gemeinsam mit seiner Frau einen Urlaub in unserer Region. „Wir haben uns Schwerin angeschaut und gedacht, hier könnte man auch arbeiten. Ich weiß noch, dass es bei einer Stadtführung fürchterlich geregnet hat. Das hat uns aber nicht abgeschreckt“, blickt er zurück.

Als 2017 die WEMAG AG einen neuen technischen Vorstand suchte, war die Chance gekommen. Thomas Murche wurde berufen und leitet seit September 2017 zusammen mit dem kaufmännischen Vorstand Caspar Baumgart den westmecklenburgischen Energieversorger.
Das schöne Schwerin war nicht der einzige Grund, weswegen er sich um die Stelle bewarb: „Das Profil passte mir sehr gut. Ich bin hier für Infrastruktur, also Stromnetz und Telekommunikation, sowie für IT und Erzeugung zuständig – und damit näher am operativen Geschäft.“

Nähe suche er auch stets zu den Angestellten. Zwei- bis dreimal fahre ich zusammen mit den Mitarbeitern raus. „Ich unterstütze die Kollegen bei einer Wartung der Transformatoren“, sagt er. Wichtig sei ihm aber vor allem die Kommunikation mit seinen Leuten; er wolle erfahren, was sie bewegt.

Seit 2019 ist Murche Vizepräsident der IHK zu Schwerin. Hier sieht er großteils ein ähnliches Aufgabenfeld wie in seiner Position als Digitalisierungsbotschafter. „Das Ehrenamt bei der IHK bietet die Möglichkeit zur Vernetzung und zur Entwicklung von Visionen“, hebt er hervor. „Ich möchte etwas für die Menschen in der Region tun. Sie sollen ein automatisiertes, digitalisiertes und nachhaltiges Umfeld erleben können.“

Aber was sind das für Visionen, wie könnte unsere noch digitalere Sphäre in näherer Zukunft aussehen? „Was man schon merkt, ist, dass Dinge aus Science-Fiction-Filmen, die wir in unserer Jugend gesehen haben, langsam Wirklichkeit werden. Wir sprechen in unsere Uhr, haben Bildtelefone. Diese Entwicklung wird sich fortsetzen. Es könnte schon bald Realität sein, dass unser Gesprächspartner wie selbstverständlich per Hologramm gegenüber am Tisch sitzt. Vielleicht gibt es in einigen Jahren auch ganz andere Fortbewegungsmittel.“

Eines jedoch liegt ihm beim Thema Digitalisierung besonders am Herzen: „Es darf hierbei keine Zwei-Klassen-Gesellschaft geben. Wichtig ist es daher, die Technik in alle Altersgruppen zu bringen. Die Menschen müssen die Angst verlieren vor den Möglichkeiten der digitalen Welt.“ S. Krieg