14.08.2020

Leute

Schokolade, Shanghai, Schwerin

David Omland ist neuer Leiter des Capitols
David Omland (32) im Saal 5 des Capitols. Hier kann man es sich auf „Day-Beds“ gemütlich machen.
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Sechs Jahre Shanghai und Reisen durch viele asiatische Länder haben David Omlands Bild von der Welt gründlich verändert. Auch das seiner Heimat. „Früher war es mir gar nicht so bewusst, wie gut wir es in Deutschland haben“, sagt er. „Aber inzwischen weiß ich zu schätzen, in welchem Luxus wir hier leben: trinkbares Wasser aus dem Wasserhahn, saubere Luft, Arztbesuche problemlos möglich. Und nicht zu vergessen die Privatsphäre, die ist vielleicht unser größter Luxus.“

Dennoch lebte und arbeitete er gern in Shanghai. Er mag die Chinesen mit ihrem Arbeitseifer und ihrer Wissbegierigkeit. Er genoss den Trubel in der 23-Millionen-Einwohner-Metropole, war Zeuge des Aufstiegs und des Wandels im Reich der Mitte. Und weil trotzdem alles so widersprüchlich sei, kam er zu der Erkenntnis, die jetzt auch sein Lebensmotto beschreibe: „Das Gute hat seinen Preis im Schlechten.“
Ein Jahr wollte er eigentlich noch bleiben – und dann kam Corona. Er flog zurück nach Deutschland und fand einen neuen Job in Schwerin. Am 1. Juli dieses Jahres übernahm der Münsterländer die Leitung des Capitols. Wahrscheinlich wäre er nie hier gelandet, äße er nicht gern Schokolade.

Mit etwa 18 Jahren begann der gelernte Chemikant sich für Ernährung zu interessieren. „Das fing an mit einem Stück Schokolade“, blickt er zurück. „Die war nicht nur Fairtrade, sondern auch ‘organic‘. Ich wollte mehr darüber wissen: Was genau bedeutet eigentlich biologisch und organisch bei der Nahrung? Ich habe von da an aufmerksam geschaut, was ich esse, und auch das Verhalten anderer Menschen beobachtet.“
Als er wegen der Wirtschaftskrise 2008 seinen Job bei BASF in Müns­ter loswurde, war für ihn schnell klar: Abi nachholen und Ökotrophologie, also Haushalts- und Ernährungswissenschaft, studieren. Das Studium in Münster dauerte von 2010 bis 2014. Er schloss es mit einem Praxissemes­ter ab, das er in Österreich bei Zotter absolvierte, dem Süßwarenproduzenten, der auch die Fairtrade-Schokolade herstellt, von der er einst kostete. Omland entwickelte für das Unternehmen Schoko-Popcorn, das Zotter noch heute im Sortiment hat.

Während des Studiums jobbte er nebenbei in einem Multiplexkino. „Schon als Zwölfjähriger hatte ich großes Interesse an Filmen, vor allem an klassischen Gruselfilmen und modernen Horrorstreifen“, sagt er. Es begann, als er heimlich durch den Türschlitz spähte, während seine Eltern Stephen Kings „Es“ schauten. Noch heute bevorzugt er das Genre. Seine Top 3: „Psycho“, „Halloween“ (1987) und „Scream“. Generell schaue er wesentlich öfter ernste Filme als Komödien – „Ich lache lieber über witzige Alltagssitua­tionen“, sagt er – und bezeichnet Alfred Hitchcock als den „für mich absolut besten Regisseur ever“. Seine DVD-Sammlung umfasst ungefähr 350 Filme, hat er gezählt. „Ich stelle mir Filme gern ins Regal; Streaming ist an mir irgendwie vorbeigezogen. Aber nach wie vor gehe ich sehr gern ins Kino“, sagt er.

Nach dem Studium verließ Omland jedoch zunächst das Kino. Seine erste Stelle als Akademiker bot ihm Zotter für dessen Niederlassung in Shanghai an, die ab Ende 2014 dort aufgebaut wurde. Anderthalb Jahre arbeitete er in dem Betrieb, der eher Schau-Manufaktur und Museum war. Er hatte sich ursprünglich vorgestellt, höchstens fünf, sechs Monate in China zu bleiben. Nach anderthalb Jahren war die Tätigkeit für Zotter tatsächlich beendet – und er wollte gar nicht mehr weg aus Shanghai. Zum Glück konnte er bleiben, erst ein Jahr lang als Trainee in einem Hotel der Kempinski-Gruppe, dann wechselte er in ein Hyatt-Hotel und arbeitete schließlich bis Januar dieses Jahres als Restaurant-Manager in einem Penta-Hotel.

Seine wenigen freien Tage nutzte er für Familienbesuche und Kurztrips nach Indien, Kambodscha, Japan, Südkorea und andere Länder Ost- und Südostasiens.
Schon bevor ihn die Pandemie zwang, China zu verlassen, habe er sich überlegt: Wenn ich nach Deutschland zurückgehe, dann arbeite ich nicht in einem Hotel, sondern in einem Kino und mit Verantwortung. Er sagt: „Das ist die Branche, die mir am besten gefällt: die Mischung aus dem Operativen – volle Action, Gäste – und der administrativen Arbeit mit Planung, mit Events und Schulungen. Und selbstverständlich das Interesse am Film.“
Er gibt zu, dass Schwerin nicht seine erste Wahl gewesen wäre, sondern Berlin oder Hamburg. Aber jetzt schwärmt er von Schwerin, von den Seen, der Nähe zur Ostsee. „Schwerin ist genau die Art Stadt, von der Chinesen schwärmen, weil sie nicht zu groß ist, aber alles hat, was man zum Leben braucht“, weiß er.

Dass hier weniger an Clubkultur und Abendunterhaltung als in den Großstädten geboten wird, störe ihn nicht weiter. Außerdem kann er mit dem Capitol ja selbst dazu beitragen. „Ich möchte nicht nur Filme zeigen, sondern den Leuten den Abend ausfüllen, ihnen ein Erlebnis bieten“, sagt der 32-Jährige, „Ich habe zum Beispiel vor, das Bar-Angebot zu erweitern, so dass die Besucher gemütlich bei einem Longdrink in der Lobby mit Gleichgesinnten über Filme diskutieren können.“ S. Krieg