11.04.2025

Leute

Ein Haus, in dem Kinder wachsen können

Interview "Köpfe aus Schwerin" mit Stefan Baerens
Stefan Baerens (55) leitet das Schullandheim der Caritas im Schloss Dreilützow.
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Seit 100 Jahren gibt es in Mecklenburg-Vorpommern die Schullandheimbewegung –was sind Ihre eigenen schönsten Schullandheimerinnerungen?
Ich habe in solchen Häusern laufen gelernt und weiß den Wert der offenen Jugendarbeit zu schätzen. Gerade war ich im LandWert Schulbauernhof in Stahlbrode. Einfach gut, wie dort Kinder „wachsen“ können. Viele Kinder- und Jugendübernachtungsstätten in MV sind tolle Orte, an denen Menschen Gemeinschaft zelebrieren können.

Wo und in welchem Zusammenhang entstanden die ersten Schullandheime? Wie sah es in Norddeutschland aus?
Der Ehrlichkeit halber muss man sagen, dass Mecklenburg nicht gerade Vorreiter war. Dennoch fanden hier schon vor 100 Jahren sogenannte Schullandheimaufenthalte statt. Nach und nach entstanden dann Orte, an denen Schulklassen, Jugendvereine oder Wandervögel-Gruppen übernachten und gemeinsam Zeit verbringen konnten – zum Beispiel im Schweizerhaus im Schlosspark Ludwigslust. Das Aufblühen von Schullandheimen und Jugendherbergen mit reformpädagogischen Ideen endete mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten. Bestehende Häuser wurden vereinnahmt, Jugendverbände oder die Wandervögel-Bewegung verboten. Während Jugendherbergen in der DDR-Zeit wiederentstanden, verschwanden ab 1945 bestehende Schullandheime in der sowjetisch besetzten Zone. Andere Formate von Kinder- und Jugendübernachtungsstätten etablierten sich, darunter Stationen junger Touristen und Pionierlager. Nach der Wiedervereinigung suchten bestehende Übernachtungsstätten und auch neu entstandene Häuser wie Schloss Dreilützow in Trägerschaft der Caritas im Norden nach Leitbildern und Strukturen.

Wie viele Schüler kommen jedes Jahr nach Dreilützow?
Mehr als 8500 Gäste dürfen wir jedes Jahr beherbergen. Es sind in erster Linie Schulklassen, Kinder- und Jugendgruppen oder junge Menschen, die an Ferienfreizeiten teilnehmen. Aber auch besondere Treffen wie das bundesweite Tischlerinnentreffen oder Musikfreizeiten, wie zum Beispiel die Norddeutschen Horntage, finden in Dreilützow eine Heimat.

Was zeichnet das Schullandheim in Dreilützow besonders aus?
Wir versuchen einfach ein Haus zu sein, dass auch die Region im Blick hat. Darüber hinaus möchten wir jungen Menschen Werte wie Menschlichkeit, Zuversicht, Fairness vorleben und vermitteln. Vor allem wollen wir, dass Menschen sich leibhaftig begegnen und miteinander ins Gespräch kommen können. Es geht im Leben nicht nur um den Blick auf sich selbst. Man sollte immer auch den Nachbarn wahrnehmen und den Blick in den Himmel nicht vergessen.

Welche neuen Pläne gibt es, welche Veranstaltungen sind in diesem Jahr geplant?
Es gibt eine Reihe von Veranstaltungen, die Menschen aus der Region nutzen können. Dazu zählen Konzerte, Kinder- und Jugendliche könnten sich bei Ferienfreizeiten anmelden. Eine Veranstaltung möchte ich nennen: das Familienmusikwochenende im September, welches junge Menschen ehrenamtlich mit uns auf die Beine stellen. Ein Blick auf unsere Homepage lohnt sich. Die Frage nach Plänen ist schwierig. Mir scheint, dass es momentan wichtig ist, einfach zu überleben. Die Zeiten für Schullandheime und alle Kinder- und Jugendübernachtungsstätten sind nicht einfach. 

Interview: Katja Haescher