10.12.2021

Leute

Dem Tier immer mit Respekt begegnen

Interview mit Bettina Weinreich in der Reihe "Köpfe aus Schwerin"
Bettina Weinreich (47), Schwerin, studierte Juristin, Hochschullehrerin und als Kreisjägermeisterin „Verbindungsfrau“ zwischen Verwaltung und Jägern
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Was macht eine Kreisjägermeisterin und wie war Ihr Weg in dieses Ehrenamt?

Mein Amt befindet sich an der Schnittstelle zwischen Verwaltung – also unterer Jagdbehörde – und den Jägern. Ehrenamtlich engagiere ich mich schon länger, zum Beispiel als Vorsitzende des Landesjagdhundeverbandes. Das war sicher auch ein Grund, weshalb ich gefragt wurde, ob ich das Amt übernehmen würde. Daran schloss sich dann natürlich eine Wahl an.

Wie wildreich ist eine Stadt wie Schwerin und wer macht die meisten Probleme?

Schwerin ist eine grüne Stadt, es gibt Wiesen und große Schilfgürtel und dementsprechend auch Wild. Natürlich gibt es auch in einer Stadt Zonen, in denen gejagt werden darf. Was die Probleme betrifft – das ist für mich immer eine Definitionssache. Wenn neue Baugebiete entstehen, wird Wild verdrängt und kommt später zurück. Viele Menschen wollen die Tiere auch gern sehen – nur sollen sie ihren Rasen nicht betreten. Ob jemand Wild als Problem wahrnimmt, ist oft eine Frage der persönlichen Toleranzgrenze. Ich wohne am Stadtrand, da kommen nicht viele Rosen hoch, weil oft Rehwild über den Zaun hüpft. Aber meine Nachbarn und ich tragen es mit Fassung. Und auch wenn jemand um 11 noch mit dem Hund geht und auf eine Rotte Schwarzwild stößt, ist das in der Regel keine gefährliche Situation – vorausgesetzt, der Hund ist angeleint. Das ist besonders jetzt im Winter wichtig. Rehwild zum Beispiel hat dann nur geringe Energiereserven und bewegt sich entsprechend wenig. Seine Kräfte kann es aber nur sparen, wenn es nicht von Spaziergängern mit Hunden aufgescheucht wird. Es ist wichtig, dem Tier mit Respekt zu begegnen und dessen Lebensraum zu akzeptieren.

Wie haben Sie Ihre Leidenschaft für die Jagd entdeckt?

Ich habe als Kind viel fotografiert, überwiegend Pflanzen und Tiere. Während meines Jurastudiums hatte ich einen Kommilitonen, der Jäger war und mich zum Fotografieren mitnahm. Ich hab‘s mir sterbenslangweilig vorgestellt und dann ein spannendes Feld entdeckt. Wie beeindruckend zum Beispiel eine Hirschbrunft ist, wie spannend es ist, zuzusehen, wenn der Platzhirsch kommt, wie lautlos er mit seinem schweren Geweih durch den Wald geht, da denke ich nicht ans Schießen. Überhaupt werden Jäger immer darauf reduziert, dabei ist das der kleinste Teil dessen, was wir tun. Ein Nebeneffekt: Das Fleisch wird komplett verarbeitet, ich investiere da viel Zeit und habe dementsprechend großen Respekt vor dem Lebensmittel.

Ihr liebster Jagdhund?

Der Rauhaarteckel. Ich selbst habe einen elfeinhalb Jahre alten Rüden, der jetzt schon in „Teilrente“ ist, auch wenn er immer noch alles machen möchte. Teckel sind hervorragende Jagdhunde, aber auch eigensinnig, dadurch anspruchsvoll und manipulieren, wo sie nur können.

Haben Sie einen Tipp für ein gutes Miteinander von Mensch und Natur?

Ich füttere zum Beispiel das ganze Jahr über die Vögel – auch in der Brutzeit. Die Eltern schleppen dann nämlich für die Kleinen alles heran und vernachlässigen sich selbst. Die Rotkehlchen haben in diesem Jahr bei uns zwei Bruten geschafft, darüber freue ich mich. Interview: Katja Haescher