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17.05.2023

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Genaue Ursachenforschung bei akuten Bauchschmerzen

Gesundheits- und Krankenpflegerin Franziska Werk und Assistenzarzt Jad Tato arbeiten in der Abteilung für Innere Medizin.
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Differentialdiagnose Bauchschmerzen ist sehr komplex: Auslöser sind oft nicht sofort zu lokalisieren

Wohl jeder hat schon einmal Bauch- schmerzen gehabt – und meist sind sie harmlos. Es können jedoch auch ernste Ursachen dahinterstecken. Wenn Bauchschmerzen akut auftre- ten oder länger andauern, sollte ihre Herkunft abgeklärt werden. Unterschieden wird zwischen intra- abdominellen und extraabdominel- len Ursachen von Bauchschmerzen. Bei letzteren ist der Auslöser außer- halb des Bauches zu suchen, der Schmerz strahlt aber bis hierher aus. Bei intraabdominellen Ursachen kann es sowohl zu Ober- als auch Unterbauchschmerzen kommen – für die Diagnose ist die Lokalisie- rung ein wichtiger Hinweis.

Bei Oberbauchbeschwerden ist die Gallenblase ein möglicher Auslöser. – wenn sich darin zum Beispiel Stei- ne befinden und gegebenenfalls den Gallenblasengang blockieren oder die Gallenblase stark entzündet ist. Weitere Diagnosen könnten eine akute Bauchspeicheldrüsenentzün- dung (Pankreatitis), ein Magenge- schwür (Ulcus ventriculi) und eine Ausstülpung der Darnwand (Me- ckel-Divertikulitis) sein. Auch eine akute Gastritis (Magenentzündung) und eine Gastroenteritis – eine durch Viren, Bakterien oder Gift- stoffe ausgelöste Magen-Darm-Er- krankung, umgangssprachlich auch als Magen-Darm-Grippe bezeich- net – können Schmerzen im Ober- bauch verursachen. Gleiches gilt für eine Blinddarmentzündung (Ap- pendizitis) und einen Darmverschluss (Ileus). Im Unterbauch kön- nen Beschwerden ebenfalls durch einen Blinddarm, eine Divertikulitis und einen Darmverschluss, aber auch Durchbruchgeschehen, chro- nisch entzündliche Darmerkran- kungen und Erkrankungen von Le- ber und Galle ausgelöst werden. Zusätzlich muss bei Frauen ein be- sonderes Augenmerk auf die gynä- kologische Genese gelegt werden. So kann zum Beispiel eine Schwanger- schaft außerhalb der Gebärmutter, also im Eileiter oder in der Bauch- höhle, Schmerzen verursachen. Dazu kommen Eierstockentzün- dungen oder eine stilgedrehte Eier- stockzyste als Ursachen, die eine Behandlung zwingend erforderlich machen. Auch der Eisprung (Folli- kelsprung) kann zu Unterbauch- schmerzen bei Frauen führen – als wohl harmlosester Grund. Extraabdominelle Bauchschmerzen können schwerwiegende Ursachen haben: Ein Hinterwandinfarkt, ein Riss in der Aorta (Aortendissektion) eine Lungenarterienembolie und eine Rippen- und Lungenfellent- zündung können dazugehören. Auch urologische Erkrankungen wie Nierenbeckenentzündung, Bla- senentzündung und Hodentorsion oder Stoffwechselerkrankungen können die Schmerzen verursachen.

Um hier Klarheit zu schaffen, er- folgt eine umfangreiche Diagnostik. Diese beginnt mit dem „klinischen Blick“, einer ersten äußerlichen Er- fassung des Allgemeinzustands, und reicht über das Messen der Vitalpa- rameter wie Blutdruck, Herzfre- quenz, Atmung, Temperatur und Sauerstoffsättigung bis zu einer all- gemeinen Anamnese. Dabei werden medizinisch relevante Informatio- nen abgefragt: Wie oft, wie stark sind die Schmerzen? Kam das schon einmal vor? In Ruhe oder Bewe- gung? Gibt es nach dem Essen eine Verbesserung oder eine Verschlechterung? Sind bösartige Erkrankun- gen innerhalb der Familie bekannt? Gibt es Vorerkrankungen? Diese und viele weitere Fragen helfen bei der Ursachenforschung. Um Herz- erkrankungen auszuschließen, wird ein EKG geschrieben, eine Labordi- agnostik durchgeführt und gegebe- nenfalls eine Bildgebung wie Sono- graphie, Röntgen oder Computer- tomographie (CT) angefordert. In- nerhalb der stationären Aufnahme wird in der Klinik eine Gastroskopie (Magenspiegelung) und/oder Co- loskopie (Darmspiegelung) empfoh- len, um Blutungen, Entzündungen, Divertikel oder eine Perforation aus- zuschließen. Auch eine körperliche Untersuchung ist unabdingbar: Sie reicht von der Inspektion des Abdo- mens – ist der Bauch gebläht, gibt es Leisten- oder Nabelbrüche, ist Peris- taltik vorhanden – über Abhorchen und Abtasten der Körperoberfläche bis hin zur Kontrolle auf Druck- schmerzen. Rektale und gynäkolo- gische Untersuchungen sind eben- falls ein wichtiger Teil der Diagnostik.
Empfohlen wird gegebenenfalls eine stationäre Aufnahme bzw. ein „Second-look“ am nächsten Tag, um eine geeignete Therapie einzu- leiten. Denn die Differenzial- diagnose Bauchschmerzen ist sehr komplex und die genaue Ursache in einigen Fällen nicht sofort zu diagnostizieren.