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DEN STERNEN EIN STÜCK NÄHER
Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und mehr ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Heute in Weinbergstraße, wo das Planetarium mehr zeigt als den Himmel über Schwerin.
Gabriele Arndt ist sich sicher, das schönste Büro Schwerins zu haben. Die Sonne scheint geradewegs in die hohen Fenster, unter denen sich die Stadt ausbreitet. Nur Absatzschuhe zieht sie zur Arbeit nicht gerne an: 63 schmale Stufen führen zum Traumbüro in der Schweriner Sternwarte und da ist die Koordinatorin der Einrichtung auf flachen Sohlen besser unterwegs.
Der kleine Turm am Faulen See ragt seit Anfang der 60er Jahre aus der Silhouette der Stadt. Wer hier bis auf die Beobachtungsplattform klettern will, muss sogar 91 Stufen emporsteigen. Den Lichtjahre entfernten Sternen kommt der Besucher so zwar nur ein winziges Stück näher. Aber mit dem Teleskop im Innern der Kuppel können die Himmelskörper zumindest optisch näher herangeholt werden. Dafür steht die 17,5 Meter hohe Sternwarte auf einer Erhebung 50 Meter über dem ebenfalls benachbarten Schweriner See und überwindet so den Dunsthorizont der Stadt.
Bei der Eröffnung 1962 war die Einrichtung das einzige Planetarium im Norden der DDR. Rund 3000 Aufbaustunden leisteten Mitglieder des damaligen pädagogischen Bezirkskabinetts hier auf der Baustelle. Danach mussten die Mitarbeiter des VEB Spezialbau Leipzig ran. Denn ein Bauwerk, das so empfindliche Technik beherbergt, darf in der Höhe nicht stark schwingen. Deshalb steht die Sternwarte noch heute trutzig wie ein Bergfried auf ihrem kleinen Hügel.
Auch weiter unten ist der Turm etwas Besonderes. Hier befindet sich das Planetarium mit seiner Kuppeldecke, deren Durchmesser acht Meter beträgt. Auch die Raumhöhe von sieben Metern ist beachtlich – fällt aber aufgrund der Form von unten betrachtet gar nicht auf. „Als wir einmal einen Defekt an der Decke hatten, standen die Handwerker anfangs recht ratlos mit ihrer Leiter da“, erinnert sich Gabriele Arndt. Aber eine glatte Halbkugel wird gebraucht, um darauf die perfekte Illusion des Himmels zu erzeugen. Rund 6000 Sterne können die Mitarbeiter hier mit der Technik aus dem Hause Carl Zeiss in Jena projizieren. „So viele könnte man mit bloßem Auge niemals entdecken. Außerdem zeigen wir sowohl den nördlichen als auch den südlichen Sternenhimmel“, sagt Torsten Menz. Er ist einer der insgesamt fünf fachlichen Mitarbeiter, die auf Honorarbasis in der zur Volkshochschule gehörenden Sternwarte Führungen und Vorträge anbieten.
Sogar in den Hafen der Ehe können Verliebte unter dem Sternenmeer schaukeln. „In diesem Jahr hatten wir bereits drei Hochzeiten“, freut sich Gabriele Arndt. Neben der Trauung im Planetarium gehört zur Zeremonie das anschließende Fotoshooting auf der Plattform. Und auch wenn die Frauen der Hochzeitsgesellschaft, allen voran die Braut, auf dem Weg dorthin mit Absätzen und engen Röcken aufpassen müssen, erfreuen sich alle an dem besonderen Ort. Nur eine Sache ist durch die örtlichen Gegebenheiten etwas schwierig: die Einrichtung des Traumbüros. Es gibt nämlich nicht viele Möbel für runde Wände.