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Im Schlaraffenland des Geistes
Fünf Jahre hat Wolf-Gerhard Ihde gebraucht, bis er das erste Mal seinen Fuß ins Schlaraffi a-Universum setzte. „Fünf vergeudete Jahre“, durchfuhr es ihn noch am selben Abend. Dabei hatte ihn seine Frau Barbara immer wieder gedrängt. „Hör auf deine Freunde und geh mit hin.“ Bereut, ihren Mann in die Arme dieses Männerbundes getrieben zu haben, hat sie bis heute nicht. Er sei, versichert sie, seitdem ein zufriedenerer Mensch. Inzwischen ist aus Wolf-Gerhard Ihde ein richtiger Oberschlaraffe geworden und ein Ritter obendrein. In der Schweriner Schlaraffia Suerina ruft man ihn Ritter Idee.
Gern erzählt er anderen über die Schlaraffia, die weder ein Geheimbund sei, noch ein Verein, der aus der Tiefe komme und schon gar nicht ein Karnevalsverein. „Wir sind wie die Freimaurer frei denkende Menschen. Doch über Politik und Religion wird bei unseren Zusammenkünften nicht geredet.“
Im Jahre 1859 gründeten Männer des Theaters, der Bildung und der Geschäftswelt in Prag die Schlaraffia – mit dem Ziel, Kunst, Humor und Freundschaft zu pflegen. Auch 150 Jahre später sind diese drei Dinge die tragenden Säulen. „Weltweit verstreut leben heute etwa 10 000 Schlaraffen“, sagt Ritter Idee, der wie alle Sassen (Mitglieder) als Erkennungsmerkmal eine silberne Nadel im Jackettrevers trägt. Wolf-Gerhard Ihde selbst kam in Ahrenshoop zur Welt. Er wuchs in Rostock auf und floh zu DDR-Zeit nach Hamburg. Nach der Wende zog es ihn zurück. In der Nähe von Zarrentin ließ sich der Manager für Gesundheitspolitik nieder. Fortan war er viel unterwegs, vor allem in Berlin, wo er bei der Schlaraffia Berolina den besagten ersten Fuß in die Tür setzte. Inzwischen genießt er als junger Rentner seinen Ruhestand. Wie viele andere Schlaraffen aus Mecklenburg macht er sich jede Woche auf den Weg nach Schwerin zur Schlaraffia Suerina.
Im Kellergewölbe ihrer „Burg“, im Logenhaus am Schlachtermarkt, beginnt das fröhliche Ritterspiel. Nicht das Mittelalter lassen sie auferstehen, nein die Romantik ist es, die sie verehren. Jeder Knappe, Junker und Ritter trägt dazu bei was er kann und will oder schaut einfach nur zu. Alles ist freiwillig. Zu jeder Sippung (Zusammenkunft) werden Themen festgelegt, wie O Herrmann – was hast du getan? (9 n.Chr. Im Teutoburger Wald) oder: Wir haben einen Haydn-Spaß (200.Todestag des Komponisten). „Manchmal setzen wir Helme auf “, beschreibt Ritter Idee das Treiben. „Dann wird gefochten – im geistigen Sinne. Nie fallen Wörter unter der Gürtellinie. Die Fernsehsprache ist nicht die unsere.“
Wie alle Schlaraffen so verehrt auch Ritter Idee den Uhu, der schon in der Antike als Vogel der Weisheit galt. Am gemütlichsten wird es in ihrer Burg, wenn andere befreundete Schlaraffen aus Lübeck, Hamburg, Lüneburg oder Kiel einreiten. Und Freude macht sich breit, sobald Pilger, also angehende neue Schlaraffen, sich in ihren Kreis verirren. „Ein gelernter Beruf, ein Stück Lebenserfahrung und eine gehörige Portion Neugier sind das Rüstzeug, das Neue mitbringen sollten“, rät Ritter Idee. Leider halte ein voller Terminkalender heute viele davon ab, sich ein Bild von der Schlaraffia zu machen. Aber das Uhu-Universum sei ein wohltuender Ausgleich zur heutigen oberflächlichen Zeit. „Hier lässt sich Hast, Eile, Pflicht und Zwang abschütteln. Zu alledem sind wir tolerant. Und das färbt auf die Familie ab. Wir vernachlässigen unsere Frauen nicht.“ Frau Barbara nickt. Im Sommer, wenn die Schlaraffen ihre Auszeit nehmen, werden gemeinsame Unternehmungen mit den Burgfrauen gemacht und im Dezember gibt es sogar eine UHUBaumfeyer (Weihnachtsfeier).
Wer das Schlaraffenleben kennen lernen möchte, kann am 7. Oktober um 20 Uhr im Logenhaus am Schlachtermarkt 17 vorbeischauen. Weitere Zusammenkünfte finden dann bis Ende April jeden Mittwoch statt.
Neugierige Fragen zur Schlaraffia beantwortet Ritter Idee unter E-Mail: ritteridee@aol.com