19.12.2008

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Chef auf der Noah

Michael Schneider führte den Schweriner Zoo durch die neue Zeit
Michael Schneider hat aus dem Zoo das gemacht, was er heute ist. <br />
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Wäre Michael Schneider ein Adler, er würde über dem Schweriner Zoo kreisen und seinen scharfen Blick über die 900 Tiere, 31 Mitarbeiter und drei Azubis schweifen lassen. Doch eigentlich ist der Direktor ganz froh, dass er kein Vogel ist. Abheben ist nicht seine Stärke, Bodenhaftung dagegen sehr. Ruhig und gelassen durchdenkt der Vater dreier Kinder die Dinge lieber vorher. Auf diese Weise gelang es ihm, seine Arche Noah auch durch unruhiges Fahrwasser zu steuern. Nicht zu glauben, dass nach der Wende gar über die Schließung des Schweriner Zoos nachgedacht wurde.

Heute gehört das Areal am Schweriner See zu einem der beliebtesten Ausfl ugsziele in Mecklenburg. Bei einem Ranking des Magazins „Stern“ schaffte es deutschlandweit Platz drei. Ein schöneres Geschenk ist für einen Zoodirektor kaum vorstellbar. Für einen, der auf die 65 zusteuert, erst recht. Neuerdings erwischt sich dieser immer öfter dabei, wie er Löwe Heinrich einen neidischen Blick zuwirft, wenn der sich mal wieder müde auf seinem Stein ausstreckt. Michael Schneider sehnt sich mehr und mehr nach Ruhe. Am 31. Dezember endet sein Arbeitsvertrag. Die Nachfolgersuche ist in vollem Gange. Inzwischen hat der Aufsichtsrat des Zoos den Stadtvertretern einen Vorschlag unterbreitet. Jetzt müssen die entscheiden. Er selbst wäre mit der Regelung einverstanden: „Das ist eine gute Lösung.“ Verloren gehen wird er Schwerin nicht. Denn es gibt wenige, die die Stadt so lieben wie Michael Schneider.

1974 verschlugt es ihn hierher. Damals war der Zoo noch ein kleiner Heimtierpark. Doch durch den Bau des Großen Dreesch gab es grünes Licht für einen Ausbau. Michael Schneider wurde wissenschaftlicher Mitarbeiter. Zur Welt kam er übrigens in Ungarn. Nachdem seine Familie vertrieben wurde, wuchs der Junge im Vogtland auf, bis zum Abitur. Im Rostocker Zoo machte er seinen Facharbeiter zum Tierpfl eger. Danach studierte er Biologie in Greifswald und fand sich anschließend im Vogtland wieder, wo er als Mikrobiologe in der Trockensuppenfabrik Suppina arbeitete. Verständlich, dass er die Tütensuppen nur all zu gerne gegen den Schweriner Zoo eintauschte. Hier war er jahrelang für die Vogelwelt verantwortlich, ging seinen Forschungen nach, vor allem an seinem Lieblingstier, dem Haubentaucher. „Immer wieder sind verwaiste Küken bei uns abgegeben worden“, erinnert er sich. „Literatur, wie diese Wasservögel aufzuziehen sind, gab es nicht. So widmeten wir uns den hochsensiblen Tieren, bis es uns tatsächlich gelang, sie groß zu ziehen.“

Die Wende klopfte an die Schweriner Zootür. Michael Schneider wurde Direktor. Als die Einrichtung 1994 in eine gemeinnützige GmbH umgewandelt wurde, übernahm er zudem die Geschäftsführung. „Es war eine schwierige Zeit“, erinnert er sich. „Wir mussten ein völlig neues Konzept erarbeiten.“ Als erstes habe man sich von Tierarten wie Wisenten und Urwildpferden getrennt, für die man aufgrund der kleinen Flächen keine Perspektive sah. Als zweites bekamen Tiere ein neues Zuhause, die sehr schlecht untergebracht waren und teils in ausrangierten Eisenbahnwaggons hausten. Los ging es mit der Gemeinschaftsanlage für Braunbären und Wölfe, die bis heute zum Markenzeichen des Zoos gehört. Es folgte das Löwengehege. Doch auch Zoos sind rasanten Entwicklungen ausgesetzt. „Zu DDR-Zeit mussten sich diese Tiere mit 200 Quadratmeter zufrieden geben“, so Michael Schneider. „Dann bauten wir ihnen eine Außenanlage von 1000 Quadratmetern.

Aus heutiger Sicht ist die aber zu klein. Ähnliches passierte uns bei der Nashornanlage. Als wir diese modernisierten, konnten wir nicht ahnen, dass sieben Jahre später ganz andere Forderungen gestellt werden. Inzwischen bauen wir ein neues Quartier.“ Dass so ein Zoo auch einen Bildungsauftrag hat, ist in der Schweriner Einrichtung kaum zu übersehen. Überall befinden sich Stationen, in denen Kindergartenkinder und Schüler in spannende Welten eintauchen können. Das Getier im Schweriner Zoo wird fast immer auch beforscht und nicht selten in Diplom- und Doktorarbeiten verewigt.

Zu einem ganz eigenen Markenzeichen gehören auch die hübschen, kleinen Spielplätze, die sich über das gesamte Gelände verteilen. „Anfang der 1990er- Jahre ging in den West-Zoos der Trend dahin, einen einzigen großen Spielplatz zu bauen“, erinnert sich Michael Schneider. „Dazu reichte unser Budget nicht aus. Wir dachten aber auch daran, dass sich Kinder nicht lange konzentrieren können. Aus heutiger Sicht, war das ein erfolgreiches Konzept. Nicht nur die Kleinen gönnen sich auf den Spielfl ächen eine Auszeit, sondern auch Eltern, Omas und Opas.“

Mal andere Gesichter sehen. Mit diesem Slogan lockt der Zoo seine Gäste. Michael Schneider würde selbst gern mal andere Gesichter sehen. In den nächsten Jahren möchte er Schwerin und seine Umgebung auf dem Fahrrad erobern und genießen. Er wird Bücher wälzen und das Theater besuchen. Für seinen Zoo wünscht er sich, dass die Schweriner weiter so zu ihm stehen, wie bisher. „Wir haben bislang nicht von viel Geld, sondern sehr vielen Ideen gelebt. Ich würde mich freuen, wenn das so weiter geht.“