15.04.2010

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Arbeit ist die beste Integration

Dimitri Avramenko ist Schwerins Integrationsbeauftragter
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In Schwerin leben derzeit etwa 6000 Menschen mit Migrationshintergrund. Jeder Zehnte von ihnen wurde eingebürgert. Etwa 1600 sind Spätaussiedler aus Osteuropa. Zu ihnen gehört auch Schwerins Integrationsbeauftragter Dimitri Avramenko.

Als die Avramenkos 1996 nach Schwerin kamen, sprach Dimitri kaum ein Wort Deutsch. „Schneller, schneller“ und „Hände hoch“ - das war alles, was sich eingeprägt hatte aus den russischen Kriegsfilmen, die er als Jugendlicher gesehen hatte. An seine ersten Eindrücke von Deutschland kann er sich aber noch genau erinnern: Es war die saubere Luft, die ihm auffiel. „Ich konnte tief durchatmen, obwohl es im August sehr heiß war.“ Und es war die erste Straßenbahnfahrt in Schwerin: „Kein Rütteln wie  in der alten Heimat. Es kam mir vor wie schweben.“

Der Schwebezustand hielt nicht an: Der gelernte Sozialpädagoge aus dem ukrainischen Winnitza, der zuletzt als Maschinenführer in einem Moskauer Holzverarbeitungskombinat seine Brötchen verdient hatte, fing als Aussiedler  in Schwerin noch einmal ganz von vorn an. „Mit 21 erlebt man das aber eher als großes Abenteuer. Vieles war neu in meinem Leben. Aber auch deshalb, weil ich gerade geheiratet hatte und zum ersten Mal Vater geworden bin.“ Inzwischen hat Dimitri Avramenko zwei Töchter. Julia besucht inzwischen das Gymnasium und ist eine begabte Klavierspielerin. Martha ist gerade zur Schule gekommen und ist begeisterte Tanzsportlerin. Die Kinder wachsen zweisprachig auf. Der Kontakt zu den Familienangehörigen in der Ukraine ist nie abgerissen. Die Avramenkos können als Beispiel für gelungene Integration gelten.

Einfach war das nicht. „Das Wichtigste war die deutsche Sprache.“ Acht Monate hat Dimitri  Avramenko Deutsch gebüffelt. Danach war Elena dran –schließlich musste einer immer das Baby betreuen. Acht Monate Crashkurs - mit Amtsdeutsch kennt man sich danach nicht wirklich aus. Der Zufall kam Dimitri Avramenko zu Hilfe: Die erste Mitarbeiterin, auf die er in der Schweriner Stadtverwaltung traf, war sehr verständnisvoll. Sie konnte auch ein wenig Russisch. „Ich bin gut zurechtgekommen, habe mich aber sehr gründlich auf jeden Gang zu den Ämtern vorbereitet. Das Wörterbuch war in dieser Zeit mein ständiger Begleiter.“

Sein Berufsabschluss wurde nicht anerkannt. Dimitri Avramenko musste sich neu orientieren. Die Ausbildung im Groß- und Außenhandel schloss er mit einer IHK-Prüfung ab, um danach  doch wieder als eine Art Sozialarbeiter tätig zu werden: Im Programm „Soziale Stadt“ wurde ein  Stadtteilmanager für Neu Zippendorf und das Mueßer Holz gesucht. In beiden  Stadtteilen leben zusammen 25 000 Einwohner,  4000 von ihnen sind Schwerinerinnen und Schweriner mit  Migrationshintergrund. „Die Integration von Zuwanderern war von Anfang an ein wichtiger Bestandteil meiner Arbeit.“ Projekte wie die Stadtteilzeitung „Turmblick“, die teilweise in russischer Sprache erscheint, die Zusammenarbeit mit Schulen und Kindergärten, Sport- und Stadtteilfeste, die Betreuung der Migrantenvereine und Förderung des Ehrenamts in funktionierenden Netzwerken – das alles war  eine gute Vorbereitung auf den neuen Job als Integrationsbeauftragter, den Avramenko  jetzt seit gut anderthalb Jahren ausübt.

Dass die Landeshauptstadt  dafür einen Schweriner mit Migrationshintergrund eingestellt hat, scheint eigentlich nahe liegend. Dimitri Avramenko sieht es aber dennoch als „mutigen Schritt“. Daran, dass noch mehr Arbeitgeber diesen Mut aufbringen, arbeitet er intensiv: „Für eine gute Integration ist es wichtig, dass die Menschen in Arbeit kommen. Denn wer Arbeit hat, ist meist auch integriert, weil er in vielfältigen Kontakt mit anderen Menschen tritt.“

Die Schwierigkeiten sind dem Integrationsbeauftragten angesichts der hohen Arbeitslosigkeit in Schwerin bewusst: „Migranten haben oft keine in Deutschland anerkannten Abschlüsse, das heißt aber nicht, dass sie keine Ausbildung haben. Ich glaube aber, dass sie andere wichtige Fähigkeiten mitbringen, die Menschen ohne Migrationshintergrund nicht haben. Außerdem haben wir es inzwischen mit der zweiten Generation, den Kindern, zu tun. Die haben in der Regel hiesige Schulen besucht und suchen jetzt eine Lehrstelle.“

Ihre Erfahrungen können deutschen Unternehmen in globalisierten Wirtschaftsprozessen durchaus zugute kommen, glaubt nicht nur der Schweriner Integrationsbeauftragte. Nicht von ungefähr haben zahlreiche Unternehmen, öffentliche Institutionen und die Industrie- und Handelskammer Schwerin im vergangenen Jahr in der Landeshauptstadt die „Charta der Vielfalt“ mitunterzeichnet. Darin wird ausdrücklich für eine offene Unternehmenskultur und  Personalstrategie geworben.

„Engagement für eine bessere  Integration von Migrantinnen und Migranten kann sich also für alle Seiten lohnen. Deshalb wollen wir gelungene Beispiele öffentlich würdigen.“ So wurde in diesem Jahr erstmals der nach Schwerins erster Ausländerbeauftragten  Annette Köppinger benannte Preis für Integration und Mitmenschlichkeit ausgeschrieben. „Ich würde mich freuen, wenn wir bis Ende April eine dicke Mappe mit Vorschlägen bekommen“, sagt Dimitrii Avramenko. Die Ausschreibungsunterlagen sind direkt bei ihm oder per E-Mail an integration@schwerin.de erhältlich, aber auch unter www.schwerin.de zu finden.