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Planvoll offenes Experimentierfeld
Sehr geehrte Frau Grünewald, was sind Ihre Hauptaufgaben als Administrative und Künstlerische Leiterin des Kunstvereins für Mecklenburg und Vorpommern in Schwerin?
Erste Kunstvereine haben sich in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus der Bürgerschaft gegründet, aus einem entschieden demokratischen Bewusstsein und der Bestrebung heraus, Kunst allen zugänglich zu machen. Die Idee war und ist, dass Kunst nicht nur einem privilegierten Teil vorbehalten sein sollte. Kunstvereine schaffen Orte der Begegnung. Meine Intention ist, unsere Ausstellungsräume im ehemaligen E-Werk als offenen, lebendigen Ort des Erlebens von Kunst und des Austauschs mit Künstler_innen für unterschiedlichste Besuchergruppen sichtbar zu machen.
Wie sind Sie zu Ihrem Amt gekommen, und was haben Sie zuvor beruflich gemacht?
Nach einer Tätigkeit in einem Kunstmuseum in Ravensburg mit Sammlungsschwerpunkt Expressionismus sowie davon beeinflussten Künstlergruppen wie Spur und Cobra war der Wechsel in das planvoll offenere Experimentierfeld eines Kunstvereines eine ganz bewusste Entscheidung.
Nach welchen Kriterien wählen Sie die Künstler aus, die bei Ihnen ausstellen?
Die Ausrichtung eines Kunstvereines zielt – auch traditionell – darauf ab, ein Schauraum des Gegenwärtigen zu sein, der allen Interessierten zugänglich ist und Neugierde für die Vielgestaltigkeit aktueller Kunstformen wecken möchte. Bei jährlich fünf bis sechs Einzelausstellungen und thematischen Gruppenausstellungen strebe ich grundlegend auch ein Neben- und Miteinander aus regional und international agierenden, etablierten und jungen Künstler_innen an.
Schauen Sie sich privat auch Ausstellungen an, und welche Hobbys haben Sie jenseits der bildenden Kunst?
Der Besuch von Ausstellungen, Theater, Kino und Konzerten und so weiter ist für mich nicht wegzudenken. Kunst bietet eine besondere Form der Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftspolitischen Fragestellungen und kann neue Impulse geben, die Intellekt und Sinne anregen – für mich ist das absolut faszinierend, reizvoll und sinnstiftend. Den Begriff „Hobby“ verwende ich tatsächlich gar nicht, da bei mir eine Trennlinie zu beruflichen Aktivitäten gefühlt nicht existiert. Aber: Ich begeistere mich für zeitgenössiche Lyrik, und wann immer es zeitlich möglich ist, geht es in die Natur.
Was gefällt Ihnen an Schwerin, und was müsste aus Ihrer Sicht in unserer Stadt noch verbessert werden?
Von den vielen Grünflächen und der Wassernähe strahlt atmosphärisch eine gewisse Gelassenheit aus. Das hat viele Vorzüge, beinhaltet aber auch Potenzial zur Belebung (sub-)kultureller Angebote insbesondere für jüngere Generationen. Aus einer ganz persönlichen Sicht erscheint mir unter anderem die Realisierung eines innerstädtischen Fahrradnetzes als überfällig.
Interview: Stefan Krieg