22.05.2020

Leute

„Ich will geiles Essen machen“

Falk Schettler war Musiker, Filmemacher und ist jetzt Gastronom
Der Wirt Falk Schettler (52) vor seinem Restaurant am Zippendorfer Strand
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„Ich möchte eine Mischung aus Gourmetküche und rustikal machen – nur in geil“, umreißt Falk Schettler kurz und knapp seine Pläne mit dem Zippendorfer Res­taurant Strandperle, das er gerade übernommen hat. Kochen und Küche, sagt er, begleiteten ihn schon sehr lange. Sehr, sehr lange.

„Mit fünf Jahren habe ich mein ers­tes Kochbuch geschrieben“, sagt er. Mit fünf, wirklich? Ja, es sei in Form eines Briefes gewesen, den er seiner Oma geschickt habe. „Ich habe darin das Zwiebel-Ei erfunden“, das weiß er noch genau. Schon seine Eltern hätten alles in der Küche selbst gemacht, was damals zu DDR-Zeiten möglich war. Aus der Kaufhalle wurde kaum etwas geholt. Der Keller stand voller Weckgläser, das Obst und Gemüse kam meist von privaten Gärtnern. „Ich erinnere mich, dass uns oft sogar Birnen aus dem Erzgebirge geschickt wurden“, sagt er.

Kein Wunder, dass er mit seinem Restaurant nun auch auf saisonale Produkte setzt, möglichst viele aus der Region, hochwertig produziert – von Tomaten bis Rindfleisch. Alle Gerichte seien hausgemacht, Convenience-Produkte kämen ihm keinesfalls in die Küche. Deshalb lägen Feinschmecker bei ihm genau richtig. Die Kreationen würden auch sehr ansehnlich auf den Tellern präsentiert, „aber ohne den ganzen Firlefanz drumherum, den man sonst aus Gourmetrestaurants so kennt“, betont Schettler. Er lehnt sich im Stuhl zurück und hält virtuell Messer und Gabel in Brusthöhe. Was er mit der Geste verdeutlichen will: Der Gast soll sich‘s gemütlich machen und sich aufs Filet, die Bandnudeln, den gebackenen Lachs, den Wein freuen.

Was das Kochen betrifft, ist Falk Schettler mehr oder weniger Autodidakt. Obwohl er auch von einem prominenten Koch eine Menge gelernt habe: Gunther Tünnemann. Mit dem zusammen habe er regelmäßig eine Sendung in einem regionalen Privat­radio­sen­der aufgenommen.

Radio machen war zu der Zeit sein Job. Schettler hatte damals, Mitte der neunziger Jahre, sogar eine eigene Sendung, wo er regionalen Bands eine Plattform bot und Songs spielte, die sonst nicht on Air zu hören waren. Musik ist seine zweite große Leidenschaft. Als Kind lernte er am Konservatorium das Klavierspielen, war Schlagzeuger, Sänger, Gitarrist bei diversen Bands, zum Beispiel bei der Schweriner Legende Einriss.

Der gebürtige Schweriner wollte nach der Schule aber eigentlich ins Filmfach, Regie studieren. Als das nicht klappte, weil er kein Abitur machen konnte, entschied er sich für eine Lehre in der Datenverarbeitung. Die Grundkenntnisse halfen ihm später für seine freie Tätigkeit als Web-Entwickler.

Ja, der heute 52-Jährige hat schon eine Menge angepackt. Er war unter anderem auch Hausmeister, Kraftfahrer, Clubbetreiber, Fernsehmacher, Musikredakteur und Hochzeitsfilmer.
Filme machen, das war schon als Fünftklässler sein Hobby. Er schloss sich dem Betriebsfilmstudio 67 der Eisenbahn Schwerin an. Das Studio habe ihm viele Freiheiten ermöglicht, erinnert er sich gern. Zuerst war mit einer 16-Millimeter-Kamera bei Sportfesten und Mai­demonstrationen unterwegs, später drehte er mit einer Super-8-Kamera auch Trickfilme, zum Beispiel ein Matchboxrennen im Kinderzimmer.

Von diesen Anfängen entwickelte sich Schettler über die Jahre zu einem bundesweit renommierten Dok-Filmer. Er schrieb 2012 sogar ein Handbuch für TV-Journalisten – Titel: „Das stärkste Bild zuerst“. Die Krönung seiner Kamerakarriere folgte im Jahr 2016. Er hatte im Auftrag des MV-Landwirtschaftsministeriums einen Film zum Thema Aquakultur gedreht. Konkret ging es um Krebszucht in Basthorst. Für diesen Beitrag erhielt er einen internationalen Preis.

Aber eigentlich wollte er schon lange Gastronom werden. „Vor etwa 20 Jahren habe ich beschlossen, eine Gaststätte zu betreiben. Ich fand es schade, dass in Schwerin das entsprechende Angebot so beschränkt ist“, sagt er und fügt schmunzelnd hinzu: „Ich möchte, dass die Leute mein Essen essen.“ Dass es erst jetzt mit einem eigenen Restaurant geklappt habe, liege an unterschiedlichen Umständen. Mal fehlte das Geld, mal war er zu sehr in anderen Jobs eingebunden, oder es war einfach gerade kein Lokal zu haben.

Bis vor Kurzem zog Schettler noch mit einem Imbisswagen durchs Land, wo er Snacks auf etwas höherem Niveau anbot. Das Unternehmen rollender Imbiss habe er sich aber ohnehin nur als Über­gangs­lösung gedacht, sagt er. Jetzt klappte es mit der Strandperle. Endlich ein eigenes Restaurant! Hier ist er Koch und bringt auch schon mal das Essen selbst an den Tisch. Dass er die Gaststätte ausgerechnet in der Coronakrise übernehmen konnte, stört ihn nicht. Er blickt einfach mit dem ihm eigenen Optimismus voraus und freut sich schon, seinen Gästen tolle Erlebnisse zu bieten. Oder wie Falk Schettler sagt: „Ich will geiles Essen machen.“ S. Krieg