16.02.2024

Leute

Erzählen, was keiner gegoogelt hat...

Interview "Köpfe aus Schwerin" mit Thorsten Uhlig
Thorsten Uhlig (65) ist frischgebackener Gästeführer in Schwerin und freut sich am 18. Februar auf einen besonderen Stadtrundgang „über sieben Brücken“.
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Sie sind seit 2023 Gästeführer in Schwerin, was hat Sie an der Aufgabe gereizt?
Bevor ich in Rente gegangen bin, habe ich überlegt: Was fange ich mit der Zeit an, die ich gewinne, wenn morgens nicht mehr der Wecker klingelt? Es sollte eine neue Herausforderung sein und außerdem Spaß machen. Schon als Jugendlicher habe ich einen Teil meines Lehrlingsgeldes in Broschüren zur Stadtgeschichte investiert. Außerdem bin ich gebürtiger Schweriner, da lag eine Tätigkeit als Gästeführer nah. Mir gefiel der Gedanke, Besuchern meine Heimatstadt zu zeigen. Ich möchte Geschichten hinter der Geschichte erzählen, das, was die Leute nicht gegoogelt haben.  

Wie haben Sie sich auf die neue Aufgabe vorbereitet? Wie wichtig sind Jahreszahlen?
Während des mehrmonatigen Lehrgangs für Gäs­teführer waren wir nicht nur im Unterrichtsraum. Wir haben Rathaus und Schloss besucht, sind in Stadtgeschichte und Kirchengeschichte eingetaucht, haben uns mit dem Thema Weltkulturerbe beschäftigt. Darüber hinaus macht es mir Spaß, selbst in der Bibliothek und im Netz zur Ortsgeschichte zu recherchieren und hinterher die einzelnen Informationen zu einem Bild zusammenzufügen – wie Robert Langdon in „Illuminati“, nur ohne drohenden Weltuntergang. Bei den Jahreszahlen kommt es natürlich auf die richtige Dosierung an. Von zu vielen Zahlen und Namen werden die Leute müde, dennoch ist eine Einordnung wichtig. Zugute kommt mir bei allem, dass ich aus meinem Berufsleben in verschiedenen Bereichen des Bauwesens gewohnt bin, vor einer größeren Gruppe von Menschen zu sprechen.

Welche Stelle Schwerins zeigen Sie am liebsten, was wollen die Gäste wissen?
Gern führe ich die Gäste durch die Altstadt, entlang des einstigen Verlaufes der Stadtmauer, dann die Schelfstadt tangierend bis hin zu unserem wunderschönen Schloss. Die Gäste wollen natürlich Fotos machen, der Blick durch die Buschstraße auf den Dom ist ein beliebtes Motiv. Auch das Löwendenkmal auf dem Markt weckt viel Interesse. Besucher rätseln, was ihnen die Bilder sagen sollen. Über Heinrich den Löwen gibt es hier natürlich einiges zu erzählen. Ansonsten drehen sich viele Fragen auch um ganz normale Alltagsdinge: Wo ist die nächste Toilette, die nächste Apotheke, der nächste Briefkasten, in welchem Restaurant gibt es Mecklenburger Küche ...

Am Gästeführertag bieten Sie einen Rundgang zu Brücken an – welche Brücke sollten sich Schweriner unbedingt mal genauer anschauen und warum?
Das Motto 2024 lautet „Straßen, Gassen, Brücken, Plätze“. Natürlich haben mich als langjährigen Brückenbauer die Brücken besonders angesprochen. Und so möchte ich nicht nur Einheimische mit der Führung „Über 7 Brücken zurück ins alte Schwerin“ neugierig machen – am 18. Februar um 14 Uhr; Treffpunkt ist in der Mecklenburgstraße, Ecke Schmiedestraße. Unbedingt einen Besuch lohnt die Drehbrücke im Schlossgarten. Sie ist Schwerins älteste Brücke, die noch unter Verkehr ist, und als so genannte bewegliche Brücke auch etwas ganz Besonderes.

Wie ist es, wenn Sie selbst Urlaub machen – gehen Sie in einem fremden Ort auch mit einem Gästeführer auf Tour ?
Ja, das habe ich schon immer so gemacht und jetzt interessiert mich natürlich noch mehr, wie andere an die Sache herangehen. Am Ende, glaube ich, sind es immer die Geschichten, die die Menschen mit nach Hause nehmen. 


Interview: Katja Haescher