18.06.2021

Leute

Aufblicken aus dem Getriebe der Jahre

Interview mit Volker Mischok in der Reihe "Köpfe aus Schwerin"
Volker Mischok, 61 Jahre Domprediger in Schwerin
like-imagelike-image
share email
dislike-imagedislike-image

Seit mehr als 20 Jahren arbeiten Sie in Schwerin als Domprediger. Was umfasst diese Tätigkeit?

Ja, tatsächlich, dass ich über 20 Jahre hier sein werde, das habe ich so nicht gedacht, als ich im Jahr 2000 nach Schwerin berufen wurde. Mein Plan war es, durchaus noch einmal die Pfarrstelle zu wechseln, es gab auch verführerische Rufe. Aber letztlich muss es ja an der Vielseitigkeit gerade dieser Stelle am Dom liegen, die mich bewogen hat, hier meine Kräfte einzusetzen. Da ist an erster Stelle die Herausforderung des Predigens. Aber
darüber hinaus: die Seelsorge, der Konfirmandenunterricht, die bauliche Unterhaltung des Domes. Wie oft und wie gern führe ich Menschen durch dieses besondere Haus!

Der Schweriner Dom feiert in diesem Jahr seinen 850. Geburtstag. Was bedeutet Ihnen dieses Jubiläum persönlich?

850 Jahre, bedenken Sie, welch lange Zeit! Für mich bedeutet das Domjubiläum, einmal aufzublicken aus dem Getriebe der Jahre und mit den Kirchenältesten, den Mitarbeitern, mit der Gemeinde zu prüfen: Wo stehen wir heute? Welche Aufgabe hat eine Kirche, wie der Dom, in unserer Zeit. Da ist es mir ein sehr persönliches Anliegen, die Menschen in unserer Stadt, aber auch die vielen touristischen Gäste darauf aufmerksam zu machen, dass auch sie, ganz unabhängig von ihrer religiösen Haltung, in dieses Haus eingeladen sind und für sich und ihr Leben hier etwas sie Angehendes finden können.

Ist die Kirche aus Ihrer Sicht ein haltgebendes Bollwerk der Tradition in einer sich stets wandelnden Umgebung? Oder muss sie sich immer wieder modernisieren und aktuellen Entwicklungen anpassen?

Von einem „Bollwerk“ möchte ich nicht reden. Schauen Sie unseren Domturm an: Das ist ein Pfeil, das ist ein Finger, der senkrecht nach oben zeigt. Der Mensch ist nicht allein verankert in der Zeit, sondern auch in der Ewigkeit. Der Kirchturm: was für ein starkes Zeichen! Genauso mag ich die Worte „Modernisierung“ und „aktuelle Entwicklung“ nicht. Die Kirche steht für eine lange Überlieferung. Das ist ein großer Schatz! Diesen Schatz gilt es immer wieder in die Zeit zu halten, ihn in die Zeit hinein funkeln zu lassen. Das zeigt dann Wirkung.

Ihre Position setzt einen festen Glauben voraus. Gab es dennoch in Ihrer Vergangenheit Momente des Zweifelns?

Glaube ohne Zweifel gibt es für mich nicht. In der Thomaskapelle unseres Domes steht die Figur des „Zweiflers“ im Altarraum. Den Mut meiner Vorgänger im Amt, dem Zweifel einen Platz in der Kirche einzuräumen, habe ich stets bewundert. Der Zweifel treibt, sich geistig immer wieder zu bewegen, zu fragen, neu nachzudenken. Ich trage meinen Glauben nicht in meiner Hosentasche herum. Der Glaube ist überhaupt nicht habbar, er ereignet sich, er ist ein Geschenk.

Welchen Hobbys widmen Sie sich in Ihrer Freizeit?
Ich bin ein Leser. Das ist meine Leidenschaft.

Interview: S. Krieg