12.07.2019

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Auf der süßen Seite des Lebens

Den Koch und Konditor Antonio Lecce zog es aus Apulien nach Mecklenburg
Antonio Lecce verwendet für sein Eis – hier die Sorten Limoncello und Mela verde – nur frische Zutaten.
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Dreißig Grad, süd­italienisches Wetter, passend für ein Treffen mit Antonio Lecce, der aus Apulien stammt, dem südöstlichen Zipfel der Halbinsel. Geboren wurde er in der Hafenstadt Taranto (auf Deutsch: Tarent). „Die Gegend ist nicht nur von römischer, sondern vor allem auch von griechischer Kultur geprägt“, erzählt er, als wir im Schatten vor seiner Schokoladenmanufaktur „Antonios Dolci Note“ sitzen. „Kein Wunder, dass die alten Griechen einst hier landeten. Die haben damals schon verstanden, dass unsere Küste etwas ganz Besonderes ist.“
Geschichte ist Antonios große Leidenschaft. Geweckt wurde sie vor allem von seinem Großvater, der ihm und seinen vier Geschwistern immer viel aus alten Zeiten erzählt hat. „Mein Opa war ein sehr intelligenter Mann, obwohl er nur fünf Klassen hatte“, erinnert er sich. Bei dieser Passion für die alte Kultur war es kein Wunder, dass Antonio gern malte, zeichnete, formte. Er brachte schon als Siebenjähriger Vasen, Amphoren und griechische Säulen zu Papier, modellierte kleine Figuren. „Aus dir wird noch ein zweiter Michelangelo“, habe sein Vater damals vermutet.
Nahezu täglich habe er zusammen mit seinen Brüdern und Schwes­tern die Großeltern besucht. Während Opa über die regionale Historie berichtete – von den alten Griechen bis zum 2. Weltkrieg – stand Oma mit großer Begeisterung am Herd. „Ich war fasziniert von ihrer Kochkunst. Meine Oma verwendete für alle möglichen Gerichte unterschiedliche Töpfe. In dem einen wurde zum Beispiel immer nur Risotto gekocht, in dem nächs­ten stets nur das Gemüse und in wieder einem anderen ausschließlich Ragù. Und für Hülsenfrüchte nahm sie ein Terrakottagefäß. Töpfe aus Terrakotta verwende ich heute noch gern, wenn ich zu Hause koche. Ich liebe diese Töpfe. Daraus schmeckt alles besser, duftet ganz anders. Das ist eine andere Welt, glaub‘s mir“, schwärmt der Ita­liener.
Koch ist Antonio schließlich auch von Beruf geworden. Und Konditor. Beides hat er im damaligen Fünf-Sterne-Hotel „Eden Park“ in seinem Heimatort gelernt. Anschließend blieb er dort zehn Jahre. Als Koch habe er alle Stationen durchlaufen, die in dem Job beim Hotel möglich waren – von Schlachterei bis Konditorei und von Einkaufen bis Fischen. Ihm kann in puncto Gastronomie keiner was erzählen.
Dafür kann Antonio aber anderen etwas beibringen. Und das war auch der Grund, warum er vor
24 Jahren nach Schwerin kam. Eine Agentur vermittelte ihn als Berater und Ausbilder in unsere Stadt. Hier habe es ihm auf Anhieb gefallen. „Die Leute waren gut drauf und hilfsbereit“, erinnert er sich. „Wir waren alle wie eine große Familie.“ Hinzu kamen Wald, Wind und Wasser. Er entschied sich, in Mecklenburg zu bleiben.
Antonio eröffnete in der Mecklenburgstraße einen Feinkostladen. Er stellte alle Delikatessen nach original italienischen Rezepten her – mit nur einer kleinen Ausnahme. „Ich habe schnell gemerkt, dass die Deutschen es nicht so süß mögen wie wir Italiener“, sagt er, „deswegen verwende ich immer etwas weniger Zucker.“ Gerade beim Eis sei dies nicht jedoch so leicht möglich, denn Zucker verleihe dem Gelato auch die genau richtige Textur. Wie er das Problem letztlich gelöst hat, hält er geheim. Gute Köche und Konditoren verraten ihre Rezepte nicht.
Als das Geschäft begann zu laufen, erlitt er einen Rückschlag: Bandscheibenvorfall, zweieinhalb Jahre außer Gefecht. Als er sich wieder einigermaßen vernünftig bewegen konnte, habe er „ein bisschen hier und ein bisschen da“ gearbeitet, unterschiedliche Sachen in Angriff genommen, blieb aber immer der Gastronomie treu.
Sein Glück fand der Italiener letztlich auf der süßen Seite des Lebens. „Ich habe mich entschieden, am Großen Moor eine Schokoladenmanufaktur zu eröffnen: ‚Antonios Dolci Note‘:“ Seine „Krea­tionen aus Schokolade, Zucker und Marzipan“ (so wirbt er für sich) gibt es hier erst wieder ab dem Herbst; im Sommer würden sie ihm einfach wegschmelzen. Dafür bekommt man bei Antonio in der warmen Jahreszeit herrliches selbstgemachtes Eis – jeden Tag unterschiedliche Sorten.
Nur beste und frische Zutaten kommen in die Eismaschine: Milch vom Biohof Medewege, Obst vor allem aus der Region, Nüsse aus Italien. Und das benötig­te Wasser nimmt er nicht aus dem Hahn, sondern aus der Flasche. Wer will, kann Antonios Eis auch selbst an Gäste verteilen, vielleicht auf einer Hochzeitsfeier oder bei einem runden Geburtstag. Dafür kann man bei ihm einen kleinen Eiswagen, seinen Carrettino, ausleihen. Wer auf den Konditor nicht verzichten möchte, mietet Antonio selbst auch gleich mit.
Der 52-Jährige erledigt in seinem Job das Allermeiste allein (beim Eisherstellen darf sowieso niemand zu ihm in die Küche) – das ist oft ziemlich anstrengend, auch für den Kopf. Und dann zieht es ihn wenigstens für einen Augenblick an die Natur. „Wenn ich Stress habe, gehe ich eine Stunde raus, beobachte Tiere, höre wie der Wind pfeift und die Blätter in den Bäumen rauschen. Das genügt mir, um runterzukommen. Und dann geht es weiter“, verrät er.
Sehr gut entspannen könne er aber auch beim Schauen von Dokumentationen über Tiere, über Länder und über Geschichte. Ja, die Geschichte, die lässt ihn nicht mehr los. Historie möchte er aber auch spüren, anfassen, erfahren, so weit es eben möglich ist. „Ich will unbedingt mal Trier besuchen und alten Römerstraßen folgen“, sagt er.

www.facebook.com/DolciNote