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Kinder, Kostüme, Kastagnetten
Was wären die Schlossfestspiele Schwerin ohne sie? Seit den allerersten Aufführungen 1996 ist Brigitte Wellnitz als Statistin dabei. Dass damals für den „Troubadour“ Komparsen gesucht wurden, passte ihr ganz gut: Sie war gerade arbeitslos geworden und konnte ein paar Zusatzgroschen gut gebrauchen. „Ich dachte mir, das bringt Geld, das mache ich“, sagt sie. Sie schnappte sich eine Freundin, stellte sich mit ihr zusammen beim Theater in Schwerin vor – und kurz darauf war sie in dem Stück als Zigeunerin zu sehen. So richtig viel Entgelt habe es dann aber doch nicht gegeben, sagt sie schmunzelnd, aber eine kleine Aufwandsentschädigung.
Ihren Lebensunterhalt verdiente sie sich in ganz anderen Branchen. Die gebürtige Crivitzerin lernte nach der Schule zunächst in Schwerin Facharbeiterin für Lederwaren und studierte kurz darauf von 1978 bis 1981 in Weißenfels Arbeitsökonomie und arbeitete dann erstmal bei einem Gummiwerk in Schönebeck. Aber es zog sie schnell zurück in ihre geliebte norddeutsche Heimat.Sie nahm 1982 eine Stelle beim VEB Sekundärrohstoffe (im Volksmund auch: „Altstoffhandel“) in Schwerin an und wohnte fortan wieder in Crivitz. Hier fand die bodenständige Mecklenburgerin Mitte der achtziger Jahre dann auch eine Arbeit, in der Kader-Abteilung (heute würde man Personalbüro sagen) der LPG. Der Job war vielseitiger, als man erwarten würde, er reichte von der Lehrlingsausbildung bis zur Vorbereitung von Kinderferienlagern. „Ich habe gedacht, hier werde ich alt, hier kann ich bis zur Rente arbeiten“, erinnert sie sich.
Aber dann kam die Wende. Die LPG zerfiel in ihre Einzelteile und Brigitte Wellnitz wurde dem Bereich Feldwirtschaft zugeordnet. Die Ökonomin musste sogar mit raus auf den Acker, Kartoffeln sammeln. Und so war sie froh, 1991 bei einem Notariat in Crivitz anfangen zu können. Als sie Mitte 1995 dort nicht mehr gebraucht wurde, entschied sie sich nicht nur dazu, Statistin zu werden, sondern nahm kurz darauf auch eine Stelle in einem Crivitzer Fachgeschäft für Arbeitsbekleidung an und wechselte wenig später zu einer Versicherung, wo sie bis 2001 als Sachbearbeiterin und in der Akquise arbeitete.
„Dann musste ich etwas ganz Neues finden“, sagt sie über diese Phase. Den entscheidenden Anstoß gab ihr eine Annonce in der Tageszeitung: Jemand suchte eine Tagesmutter. Das kann ich doch auch, dachte sich die Mutter zweier Töchter. Über Platz verfügte sie zuhause sowieso ausreichend: Sie hatte an ihrem Eigenheim gerade angebaut und sich außerdem von ihrem Mann getrennt.
Im Februar 2002 betreute sie das erste Kind als Tagesmutter, inzwischen sind es meist drei Kinder, um die sie sich kümmert. Ein bis drei Jahre zählen die Kleinen in der Regel. (Ihre eigenen Töchter sind bereits erwachsen und haben je einen Sohn – ein Baby und einen Teenager).
Für die Proben und die Aufführungen zu den Schlossfestspielen bleibt ihr abends dann genügend Zeit. Hingebracht und abgeholt wird sie von ihrem Partner Thomas, der die stressige Fahrerei für seine Brigitte gern auf sich nimmt.
Obwohl es auch ganz schön anstrengend sei, jede Woche teils vier, fünf Tage bis nachts auf der Bühne zu stehen, hat sie nach wie vor viel Freude daran. „Ich bin als Schülerin schon viel im Theater gewesen. Da ist es echt aufregend, wenn man selbst mitmachen kann“, ist die 57-Jährige begeistert.
Für die Oper „Carmen“ lernte sie sogar, Kastagnetten zu spielen, was sie nach den Festspielen mit Freude weiterführte. „Und wo kriegt man sonst ein maßgeschneidertes Krähenkostüm her?“, fügt sie hinzu. So eins trug sie 2011 in den „Freischütz“-Vorstellungen. Ansonsten aber ziehe sie lieber einfachere, robustere Kostüme an, solche, mit denen man sich auch mal auf einen Stein setzen könne – wie in diesem Jahr, bei „Aida“, wo sie einen Soldaten darstellt.
Um sich fit zu halten, treibt sie einigermaßen regelmäßig Sport – läuft, schwimmt, betreibt Bodyforming. Nicht zuletzt tue sie dies wegen der Kinder, sagt sie augenzwinkernd „Ich muss ja hinterher kommen, wenn sie mir mal weglaufen.“ Eine von Brigitte Wellnitz‘ Leidenschaften ist außerdem das Doppelkopf-Spielen: Ihre Vierer-Runde, die sich monatlich trifft, hat sie zusammen mit zwei weiteren Schlossfestspiele-Statisten ins Leben gerufen. S. Krieg