Kultur
Von Rollen und Rollenbildern

Was für eine Vorstellung: Eine reiche Anwältin, im Film gespielt von Julia Roberts, trifft auf einen Callboy – Richard Gere in einer Paraderolle. In einer Szene drückt sie ihm ihre Kreditkarte in die Hand: Kauf dir doch mal was Schönes! Klingt absurd? Ein Film „Pretty Man“ wäre wohl nie ein Kassenschlager geworden – und das liegt ganz klar an gesellschaftlichen Rollenbildern.
Überlegungen wie diese spielten bei der Lesung mit dem Titel „Sorry, Tarzan, ich rette mich selbst“ in der Schweriner Designschule eine große Rolle. Zu Gast war die Schauspielerin und Aktivistin Gesine Cukrowski, die ihr gleichnamiges Buch vorstellte. Dessen Untertitel lautet „Raus aus der Klischeefalle“ und im Gespräch mit Veranstalterin Anja Seemann berichtete die Schauspielerin von eigenen Erfahrungen im Filmgeschäft: die unterschiedliche Bezahlung von Männern und Frauen am Set. Die unterschiedliche Hierarchie von männlichen und weiblichen Filmfiguren. Die Altersdiskriminierung, die vor allem Frauen ab 50 widerfährt. „Da geht ein Fallbeil nieder, Frauen zwischen 50 und Anfang 60 sind im Fernsehen nahezu unsichtbar“, sagt Cukrowski. Möglicherweise bekommt die jünger aussehende 52-jährige Schauspielerin noch eine Rolle, ihre Filmfigur ist dann aber erst Mitte 40.
Auch aus diesem Grund hat die Künstlerin 2023 zusammen mit der Journalistin Silke Burmester die
Initiative „Let‘s Change The Picture“ gegründet, die sich für eine stärkere Sichtbarkeit von Frauen ab 47 im deutschen Film und Fernsehen einsetzt – vor der Prämisse, dass Geschichten, die die Gesellschaft spiegeln, auch alle Menschen in dieser Gesellschaft zeigen müssen. „Die Nichtabbildung bestimmter Gruppen verstärkt deren Ausgrenzung auch im wirklichen Leben“, sagt Gesine Cukrowski, die für ihr Engagement in diesem Jahr das Bundesverdienstkreuz erhalten hat.
Für das Publikum – viele Frauen und einige Männer – brachte der Abend Denkanstöße. Zum Beispiel auch den, dass der Blick auf Frauen in Film und Fernsehen oft ein sexualisierter ist, der aus männlicher Sicht erfolgt und die Frau objektifiziert. Am Ende stand das Fazit, dass Sehgewohnheiten zwar nicht „mit einem Fingerschnipp“ zu ändern seien, dies aber nicht bedeute, dass es unmöglich ist. „Wir haben noch ein dickes Brett zu bohren“, sagte Gesine Cukrowski. Und das ginge am besten in der Gemeinschaft – von Frauen und Männern.
Katja Haescher




