14.10.2022

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Schatzsucher auf Notenblättern

Reinhard Wulfhorst widmet sich der Herausgabe von Werken mecklenburgischer Komponisten
Älterer Mann mit Buch in der Hand im Porträt.
Reinhard Wulfhorst gibt in seinem Verlag Noteneditionen mecklenburgischer Komponisten heraus.
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Der Schweriner Dr. Reinhard Wulfhorst hat sich seit langem der Herausgabe mecklenburgischer Komponisten verschrieben. Vor zehn Jahren gründete er den Musikverlag „Edition Massonneau“. Bislang in der Werdervorstadt beheimatet, ist der Verlag seit kurzem in der Schweriner Mozartstraße ansässig.  Angeregt durch den Umzug in die Straße, die den Namen Wolfgang Amadeus Mozarts trägt, soll eine Notenedition am neuen Verlagssitz nun ein Werk Mozarts sein. Wie passt das zusammen?

Es gab tatsächlich eine enge Verbindung des musikalischen Lebens am Hofe der mecklenburgischen Herzöge  mit dem Komponisten Mozart, erklärt Wulfhorst. Als die Landesherrscher am Ludwigsluster Hof residierten (von 1763 bis 1837), pflegten sie über viele Jahre eine ausgeprägte Mozart-Tradition. Der 1796 geborene Oboist Wilhelm Theodor Braun  musizierte nicht nur an der Hofkapelle, er komponierte auch zahlreiche Werke, insbesondere der Kammermusik. Darüber hinaus bearbeitete der fleißige Kammermusiker Werke Mozarts. Anlässlich des Umzugs wird Wulfhorst nun Brauns Fassungen von Mozart’scher Klavierkammermusik für Streichquartett verlegen.

Die Notensätze, die fast gänzlich in Schwerin hergestellt werden, finden Musikinteressierte in ganz Deutschland und Europa. Auch aus den USA gab es schon Bestellungen. So findet Musik aus M-V auch internationale Verbreitung. Aber nicht nur die von der Edition Massonneau entdeckten und herausgegebenen Noten, auch die wiederaufgeführten musikalischen Werke finden ein breites Publikum. Inzwischen haben große deutsche Rundfunkstationen wie der Deutschlandfunk, Deutschlandradio Kultur, der Südwestrundfunk und der Norddeutsche Rundfunk CDs mit Werken mecklenburgischer Komponisten einspielen lassen. Solche Funde treiben den Musikverleger Reinhard Wulfhorst immer wieder an, sich der detailreichen Arbeit an den Noteneditionen hiesiger Komponisten zu widmen. Von zahlreichen Künstlern sind bereits Noteneditionen erschienen. Dazu zählen Friedrich von Flotow, Emilie Mayer, Friedrich Wilhelm Kücken, Sophia Wes-tenholz und natürlich der Namensgeber des Verlages, Louis Massonneau. Besonders wertvoll werden diese Ausgaben durch die mit ihnen zusammen erhältlichen Editionsberichte. Die Dokumentationen geben detailliert Auskunft über den Fund.

Die Liebe zur Musik begleitet Reinhard Wulfhorst schon lange. Er wuchs in einer sehr musikalischen Familie auf. Die Eltern legten Wert darauf, dass alle vier Söhne ein Musikinstrument erlernten. Zwei Brüder des in Essen geborenen Wulfhorst wurden Berufsmusiker. Er selbst begann mit der Violine, wechselte zur Bratsche und beherrschte das Instrument so gut, dass er im Bundesjugendorchester spielte. Schließlich entschied er sich doch für ein Jurastudium.

Gleichzeitig stand für ihn fest, dass die Musik die wunderbarste Nebenbeschäftigung bleiben würde. Während des Studiums lernte er seine Frau Sabine kennen, mit der er zusammen in Duisburg das juristische Referendariat absolvierte. Die darauffolgende Berufswahl fiel in die Wendezeit. Statt im etablierten Westen zu bleiben, bewarb sich das Juristenpaar umgehend nach Schwerin. Seit Beginn der 1990er-Jahre arbeitet der promovierte Jurist Wulfhorst in verschiedenen Abteilungen mecklenburgischer Ministerien.

Neben wechselnden beruflichen Stationen pflegte Wulfhorst weiterhin die musikalische Praxis. Er war vor fünfzehn Jahren Mitbegründer des  „Massonneau Quartett“, benannt nach dem Komponisten Louis Massonneau, der als Konzertmeister am Hofe Friedrich Franz I. in Ludwigslust wirkte. Hier spielte Wulfhorst bis noch vor kurzem selbst die Bratsche.

Fragt man ihn nach den Beweggründen für seine Arbeit an Noten und Biographien, so schildert er seine erste Begegnung mit der Musik Mecklenburger Komponisten. Gerade in Schwerin angekommen, lauschte er einem von Massonneau verfassten Oboenquartett. Intoniert hatten es Mitglieder der -Mecklenburgischen Staatskapelle. Sofort war er von dieser Musik begeistert, und umgehend begann er, erst sporadisch, dann zunehmend intensiver, zur  Musik am Hofe der mecklenburgischen Herzöge zu forschen. Es stellte sich schnell heraus, dass ein großen Fundus selten gespielter und größtenteils unveröffentlichter Werke existierte.  Sie waren überwiegend nur als schlecht lesbare Handschriften oder als fehlerhafte Erstdrucke verfügbar, stellte Wulfhorst fest.

Das war die Geburtsstunde seines Verlages. Wulfhorst hat sich zur Aufgabe gemacht, so viele Schätze wie möglich zu heben. Der 59-Jährige ist der Auffassung, dass das Land mehr aus seinen kulturellen Schätzen machen könnte – und dass eine bewusste Förderung der  regionalen Musikgeschichte die küs-tenfernen Regionen für kulturell interessierte Besucher zu einem attraktiven Reiseziel weiterentwickeln würde.

Peter Scherrer