18.01.2012

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Saal mit Seele

Im Capitol wird Kinogeschichte lebendig
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Wer kennt das nicht: Da steht ein schönes Haus in der Straße, hundertmal und mehr ist man schon vorbeigegangen. Aber was verbirgt sich hinter der Fassade? Welche Geschichten stecken hinter den Mauern, wer geht hier ein und aus? Denn schließlich sind Geschichten von Häusern immer auch Geschichten von Menschen. In dieser Serie wollen wir gemeinsam mit Ihnen hinter Fassaden blicken. Heute im Capitol, das nach seiner Eröffnung zu den modernsten Filmtheatern Deutschlands zählte.

Eines der schönsten ist es sowieso. Das steht für Dirk Mattenklott außer Frage: „Dieses Kino hat eine Seele“, sagt der Theaterleiter, „und die wollen wir bewahren“. Wer zum ersten Mal den alten Kinosaal betritt, sagt nicht selten „Ah“ und „Oh“. Denn hier sieht noch (fast) alles so aus wie vor 75 Jahren. Die Sessel sind inzwischen weicher und breiter geworden, es gibt mehr Beinfreiheit, frische Farbe natürlich und auch neue Technik. Der Charme des alten Kinosaals mit Balkon und Logen, der Bühne, die für Film und Theater taugt und der freitragenden Decke mit der imposanten Beleuchtungskuppel aber blieb erhalten und lässt Besucher die Faszination Kino immer wieder neu erleben.
Als das Capitol am 21. Dezember 1936 eröffnet wurde, staunte auch die Fachwelt. Die hier verwendete Projektions- und Tontechnik war das Modernste, was die Zeit zu bieten hatte. Architektur, Zuschauerkomfort und die technischen Möglichkeiten des Capitols wurden 1937 sogar auf der Weltausstellung in Paris als Innovationen vorgestellt. In nur elf Monaten hatten Arbeiter, von denen bis zu 90 zeitgleich auf der Baustelle wirbelten, das Filmtheater errichtet. Dabei verbauten sie bis zu 800.000 Ziegel und bewegten 10.000 Kubikmeter Erde. Der Entwurf für das Kino stammte von den Architekten Erich Bentrup und Hellmuth Ehrich.
Heute steht der alte Teil des Capitols unter Denkmalschutz. Der neue mit weiteren Kinosälen entstand in den 90er Jahren. Und wieder mussten Unmengen von Erde bewegt werden: „Es wurde ja nach unten erweitert, die Leinwand von Capitol 5 liegt unter dem Niveau des Klöresgangs“, erklärt Dirk Mattenklott. So ist das Kino gewachsen, doch Capitol 1, der alte Saal, bleibt das Herz. Dank der hervorragenden Akustik ist der Raum auch für Konzerte und andere Veranstaltungen erste Wahl. „Künstler, die hierher kommen, staunen immer wieder. Jan Josef Liefers zum Beispiel war total begeistert“, erinnert sich Dirk Mattenklott. Sogar einen Orchestergraben soll es hier einmal gegeben haben, Spuren oder nähere Informationen dazu allerdings hat das Capitol-Team trotz geduldiger Suche noch nicht gefunden.
Andere Spuren vergangener Zeiten sind dagegen gut sichtbar. Wer sich über die „fleckigen“ Türrahmen der Logen wundert: Hier wurden alle seit 1936 aufgetragenen Farbschichten freigelegt. Eine Vitrine mit historischen Fotos und Zeitungsausschnitten im Foyer erzählt außerdem die Geschichte von Schwerins Kult-Kino.
Und manchmal sind es auch die kleinen Details, die begeistern: Im Vorraum sind die alten Ticketschalter noch besetzt – von einem Herrn mit Ärmelschonern und einer älteren Dame mit Lockenfrisur. Die beiden sind 24 Stunden täglich im Dienst – sie sind nämlich nur aufgemalt. Täuschend echt allerdings. Denn es ist auch schon vorgekommen, sagt Dirk Mattenklott, dass sich Kinobesucher hier anstellten.