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„Ich brauche unbedingt die Vielfalt“
Carola Nicklich beteiligt sich an der Leitung zweier Blasorchester und eines Kinderchors, lehrt am Konservatorium Geige spielen, singt und musiziert in einer Rock- und in einer Folkpopband, geigte mal in einer Heavy-Metal-Formation, war Teil eines Streich- und Gesangsquartetts und arbeitet als Musik- und Französischlehrerin.
„Ich brauche unbedingt die Vielfalt“, sagt sie. Selbst dann, wenn sie nicht selbst für den Ton sorgt: „Ich höre alles Mögliche an Musik, aber selten ein ganzes Album vom selben Interpreten. Nach einem oder zwei Titeln wünsche ich mir einen Stilwechsel.“ Da dürfen dann auch mal einem Violinenkonzert der Latinpop-Hit „Don‘t Let Me Be Misunderstood“ und ein Titel der Rockgruppe Muse folgen. Aber regelmäßig brauche sie für ihr Seelenheil unbedingt ein großes, die Sinne stimulierendes Sinfoniekonzert. Den Willen, sich musikalisch auszudrücken, hatte sie schon früh: Sie liebte es zu tanzen, und bereits mit vier Jahren begann sie, am Schweriner Konservatorium bei Achim Schuster Geige zu lernen. Zudem gehört sie schon seit Schultagen der Folkpopband Chorus an.
Kein Wunder, dass sich das Mädchen zu Klang und Noten hingezogen fühlte: Ihre Großmutter war Musiklehrerin, ihr Vater spielt Bratsche in der Mecklenburgischen Staatskapelle, ihre Mutter wirkte in der Singakademie des Staatstheaters mit. Musik war Carola Nicklichs Leben – und ihr Problem: „Nach dem Abitur gab es einen großen Bruch. Ich hatte genug von immer nur Musik, Musik, Musik. Ich wollte schauen, ob ich noch etwas anderes kann“, blickt sie zurück. Sie studierte an der Uni Frankfurt/Main Theater-, Film- und Medienwissenschaften, eingeschlossen ein Auslandsjahr in Paris, arbeitete als Studentin bei den Filmfestspielen in Cannes.
Es war jedoch abzusehen, dass sich auf dem Filmsektor schwer ein Job finden ließe. Sie brauchte „etwas Sicheres, einen Plan B“. Und der führte sie zurück zur Musik: An der Frankfurter Musikhochschule studierte sie – teils parallel zu dem anderen Studium – Schulmusik. Hinzu kam Französisch auf Lehramt. Dann absolvierte sie in Schwerin und Rostock ein Referendariat, und seit dem Schuljahr 2012/13 lehrt sie Musik und Französisch – an der Schule, die sie wenige Jahre zuvor noch als Schülerin besuchte. Sie ist eben eine bodenständige Schwerinerin, die gern in ihre Heimatstadt zurückkehrte? „Oh nein, im Gegenteil“, entgegnet die 30-Jährige. Große Städte, die Ferne – das ist auch ihre Welt. Deswegen reist sie viel. Sie besuchte bisher unter anderem Japan, Paraguay, Island, die USA.
Sie hätte gern in einer echten Metropole gearbeitet, aber den Möglichkeiten, die sich ihr am Goethe-Gymnasium boten, konnte sie nicht widerstehen. „Eine Schule mit so einer Vielfalt zu haben, ist etwas Besonderes. Ich fand hier als junge Lehrerin die luxuriöse Situation vor, dass es schon so viele Leistungen meiner kompetenten und offenen Kollegen gab, an die ich anknüpfen und die ich weiterentwickeln konnte“, sagt sie.
„Ich bin hier hin gegangen, obwohl ich im Westen mehr verdienen könnte und weniger Pflichtstunden machen müsste“, betont sie. Sie habe sich „für mehr Berufszufriedenheit eines Musikers und gegen die Verbeamtung“ entschieden: „Das ist das Coole als Musiklehrerin, dass man sich in so vielen Dingen ausprobieren muss.“ Da macht sie auch gern Überstunden, zum Beispiel für den Kinderchor II der Schule, mit dem sie eine erfolgreiche Kooperation mit dem Jugendsinfonieorchester initiierte, und für die ebenfalls zum Gymnasium gehörenden Blasorchester Juggs und Musiggs.
Kürzlich hat die Lehrerin jedoch mal nicht anderen Leuten etwas beigebracht, sondern ihr selbst: das Basszupfen. Der Band Mashed Potatoes, in der sie gelegentlich Geige spielt und singt, fehlte jemand an den dicken Saiten. Nun hat die Rockgruppe auch eine Bassistin. Wieder öffentlich zu erleben sind die „Stampfkartoffeln“ am 29. November im „Angler II“.
S. Krieg