16.01.2009

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„Ich bin Fotostar”

Jimmy, freundlicher, nie frierender Zeitungsleser vor dem Pensionscafé „Karina” in der Werderstraße 42<br>Foto: Frank Düsterhöft
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Sie sitzen Tag für Tag ab dem frühen Morgen an der Werderstraße. Frieren Sie nicht bei diesen extremen Temperaturen?
Wissen Sie, hier ist mein Stammplatz und den gebe ich nicht her! Ich werde von meiner Chefin, sie leitet das Café „Karina” vor dem ich jeden Tag Zeitung lese, sehr gut behandelt. Hier gibt es heißen Kaffe oder Glühwein und meine Chefi n rollt mich abends ins Warme. Aber letztlich - fassen Sie mich an - bin ich aus Kunststoff.

Wie lange machen Sie das schon mit?
Seit 1992 können die Autofahrer jemanden an der Straße sitzen sehen. Aber ich bin erst seit zwei Jahren im „Amt”. Zwei Vorgänger versahen hier bereits ihre Dienste. Ich bin mir aber sicher, dass ich der coolste von uns Dreien bin.

Die Werderstraße wurde jüngst ein Jahr lang aufwändig saniert. Was haben Sie in dieser Zeit gemacht?
Hören Sie mir bloß auf mit der Bauerei! Ich konnte nicht draußen sitzen, habe jedoch trotzdem unsere Gäste begrüßt. Nur eben, wie heißt es heute so schön, indoor. So üppig viele Menschen kamen in der Bauphase nicht zu uns. Von dem Dreck und dem Modder waren die meisten abgeschreckt. Meine Chefi n hatte echt Sorgenfalten auf der Stirn. Sie tat mir richtig leid. Nach der Sanierung der Straße gab sich das etwas, aber die Gästezahlen von früher sind noch nicht wieder erreicht. Jetzt hoffen wir alle gemeinsam auf die Buga. Mal schauen, was da auf uns zukommt.

Mit Verlaub - werden Sie oft angefasst? Sie können sich ja nicht wehren.
Will ich auch gar nicht! Es gibt Leute, die mit dem Auto vorbeifahren, auf die Bremse treten und stoppen. Dann kommen die Insassen aus dem Fahrzeug gestürzt, stellen sich neben mich und lassen sich fotografieren. Von Kindern lasse ich mich besonders gern berühren. Wenn die Kita-Gruppen mit ihren Erzieherinnen plappernd und schnatternd die Straße entlang auf mich zukommen, freue ich mich richtig! Meine schönste Erinnerung ist aber die an eine Frau, die jeden Morgen mit dem Fahrrad an mir vorbei fuhr. Jedes Mal hielt sie an und gab mir frische Blumen in die Hand. Mein Herz wird heute noch weich, so weich ein Herz von einem Plastemann nur irgendwie werden kann. Schwerin hat wirklich freundliche und umgängliche Menschen. Wenn ich mal ein wenig Ruhe habe, lese ich interessiert die Zeitungen der Stadt.

Worauf freuen Sie sich in diesem, noch jungen, Jahr besonders?
Natürlich auf viele Gäste, die die Bundesgartenschau besuchen und auch bei uns vorbeischlendern und einkehren. Vielleicht können sie sich dann auch vor das Haus setzen, so wie es sich eigentlich für ein „Straßen-Café” gehört. Ursprünglich war ja der Bürgersteig 20 Zentimeter schmaler als vor der Sanierung. Im Übrigen freue ich mich auch schon auf die neuen Touristen, die sich in „unserer“ kleinen Pension einmieten und mich dann wieder zu ihrem Fotostar machen. Schaun wir mal …