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Dienstleistung: Babydesigner
Planung ist alles. Als «Ossi» hat Robert Hartmann die Planwirtschaft sozusagen mit der Muttermilch eingesogen. Und so fällt es ihm auch nicht allzu schwer, nach dem Tod seiner Frau eine gewisse Systematik in sein Leben und das der beiden Kinder zu bringen. Dem Problem der Arbeitslosigkeit nach der Wende und der Abwicklung seines Betriebes begegnet der Historiker mit einer erstaunlich flexiblen Bereitschaft, sich allen Herausforderungen zu stellen. Er verdient seinen Unterhalt als «Josephsmacher». Eine Berufsbezeichnung, die nirgendwo zu finden ist, nur in dem neuen Roman von Mathias Ullmann, der sein Buch auch genauso betitelt.
Wer da an Maria und Joseph denkt, liegt nicht ganz falsch. Denn Robert Hartmann hat den seltsamen Job als Erzeuger von Kindern, deren Mutter ( Jungfrau Maria) keinen Nachwuchs vom eigenen Ehemann ( Joseph) bekommen will oder kann und einen Dritten (den Heiligen Geist) bemüht. Nur dass die Mütter weder Jungfrau sind, noch Hartmann etwas mit dem Heiligen Geist gemein hat, dem das Gotteskind Jesus letztendlich zu verdanken ist. Eine unverfängliche Umschreibung seines recht einträglichen Gewerbes, meint Hartmann, obwohl er auch mit dem Begriff Babydesigner liebäugelt. Hin und wieder, wenn er mal einen nicht so guten Tag hat, gesteht er sich aber auch ein, nichts anderes als ein Dienstleister zu sein.
Die Jobs vermittelt ihm eine alte Bekannte mit ausgedehnten Verbindungen. Meist sind seine Kunden betuchte Damen aus dem Westen, womit der «Josephsmacher» buchstäblich für eine (Wieder-) Vereinigung der besonderen Art sorgt. Bislang gab‘s noch keine Reklamationen. Es läuft also alles ziemlich planmäßig bei den Hartmanns - und eines Tages dann doch noch aus dem Ruder. Aber mehr wird nicht verraten. Höchstens, dass die Geschichte in Dresden spielt und der Autor ein Hohelied auf Sachsen und seine Bewohner singt. Mathias Ullmann erzählt im Plauderton eine haarsträubende Geschichte, die ebenso vergnüglich wie subtil, ebenso Krimi wie Persiflage ist. Über eine Service-Gesellschaft, in der Kunst und Kultur auf der Strecke bleiben und Konsum und Ware nun auch im Osten Deutschlands das gesellschaftliche Leben vordergründig bestimmen. Ullmanns Buch ist eine wunderbare Dienstleistungssatire. Fortsetzung folgt im Herbst.
Mathias Ullmann: Josephsmacher, Verlag André Thiele (VAT) Mainz, 186 S., 14,90 Euro, ISBN 978-3-940884-13-8.