13.11.2015

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Die perfekte Illusion schaffen

Ullrich Altermann leitet den Malsaal des Staatstheaters
Das Modell fürs diesjährige Weihnachtsmärchen hat Ullrich Altermann selbst gestaltet. Das Bild im Hintergrund hat er übrigens selbst gemalt. Foto: S. Krieg
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„Theatermalerei. Die Kunst der Illusion“ hieß eine Ausstellung, die Ullrich Altermann vor vier Jahren zum 125. Geburtstag des Theaterbaus am Alten Garten konzipierte. Wie diese Illusion zu Stande kommt, mit welchen Mitteln gearbeitet wird, wie Regisseure, Bühnenbildner und Theatermaler zusammenwirken, darüber kann Altermann eine Menge erzählen – und er tut es auch mitunter sehr detailliert. Man hört ihm, dem Original mit dem weißen Rauschebart, gern zu, wenn er seine Leidenschaft für gemalte Illusionen vermitteln möchte.

Seit 21 Jahren arbeitet er für das Opens external link in new windowStaatstheater Schwerin, wo er 1994 die Stelle des Malsaal-Vorstands übernahm. Aber Ullrich Altermanns Theatergeschichte begann bereits drei Jahrzehnte früher. Der gebürtige Meißener war gerade mit der Familie nach Görlitz gezogen. Seine Schwester arbeitete am dortigen Stadttheater in der Dramaturgie und ihr Mann als Bühnenbildner. „Durch ihn bin ich in Kontakt mit dem Bereich Ausstattung gekommen“, erinnert sich Altermann. „Ich habe in den Ferien dann auch im Theater gejobbt.“
Damals war er zwölf, und die Faszination für Kunst und Kulissen ließ ihn von da an nicht mehr los. Er lernte nach Abschluss der zehnten Klasse in Rudolstadt Theatermaler, was damals noch etwas Besonderes war. „Es wurde dort am Theater extra eine Lehrstelle für diese Ausbildung, die seinerzeit noch nicht üblich war, geschaffen“, sagt er.

Nach Lehre und Armeezeit begann er als Theatermaler in Greifswald sein Berufsleben. Sein nächstes Ziel war jedoch zu studieren. Er beschäftigte sich neben dem Job privat mit Malerei und Zeichnung – nicht zuletzt, um an der Fachschule in Dresden zur Bewerbung eine erstklassige Mappe abgeben zu können. Es gelang ihm. Von 1974 bis 1977 studierte er an der Fachschule, die der Hochschule für Bildende Künste (HfBK) angegliedert ist.
So ein Theatermaler muss auf vielen Gebieten was wissen und was können. Altermann erläutert: „Das geht von einfachen kunsthandwerklichen Tätigkeiten bis zu künstlerischen Aspekten. Deswegen brauchen Theatermaler eine fundierte Ausbildung, die unter anderem Farbenlehre, Perspektive sowie Grundlagen des Malens und Zeichnens umfasst. Es zählen aber auch Kunstgeschichte und Theaterwissenschaften dazu. Und man muss das Sehen lernen.“

Obwohl er auch Angebote aus Berlin und von der Semperoper hatte, fing er nach dem Studium in Senftenberg an zu arbeiten. In dem vergleichsweise kleinen Theater dort konnte er sich ausprobieren, sich beim Malen viele Tricks und Techniken selbst erarbeiten. Parallel zum Job schuf er zu Hause diverse Kunstwerke – vom Ölgemälde über Pastelle bis hin zum Holzschnitt. Und er leitete einen Jazz-Club.
Bei der Arbeit in Senftenberg lernte er seine heutige Frau kennen, die damals als Studentin ihr Praktikum am Senftenberger Theater absolvierte. Mit ihr zusammen ging er Anfang der achtziger Jahre nach Frankfurt/Oder. Dort wurden auch die beiden Söhne des Paars geboren. Inzwischen fühlte sich Altermann erfahren genug, einen Malsaal zu leiten. Weil in Frankfurt daraus nichts wurde, verließ er 1987 das Theater und nahm eine gerade frei gewordenen Stelle in der „Galerie Junge Kunst“ an. Als Grafiker gestaltete er Plakate, Ausstellungskataloge und die Außenwerbung.

Dann kam das Jahr 1989, und der gelernte Theatermaler konnte seine gestalterischen Fähigkeiten auf ganz andere Art nutzen: Er stellte Transparente für Montagsdemos her. Ullrich Altermann engagierte sich in den Wendetagen im Neuen Forum und zog dann für die Fraktion „Bürgerbündnis“ ins Frankfurter Stadtparlament ein, wo er im Kulturausschuss mitwirkte.
Nach einem anderthalbjährigen Intermezzo bei einer Frankfurter Messe-Firma, wo er unter anderem lernte, am Macintosh-Rechner grafisch zu arbeiten, und einer mehrmonatigen Phase als Freischaffender wechselte er nach Schwerin.

Bis heute engagiert er sich für den Nachwuchs der Branche, sitzt in der Prüfungskommission einer Berufsschule in Baden-Baden und gibt seit 2006 einmal jährlich eine Woche Materialkunde-Unterricht an der Fachhochschule in Dresden. „Meine langjährige Erfahrung gebe ich gern an Studenten weiter – auch an diejenigen unter ihnen, die bei uns im Malsaal ein Praktikum machen“, sagt er.

Manchmal ist er auch selbst als Bühnenbildner tätig – für die Fritz-Reuter-Bühne, für die Kammertanzabende, fürs Theaterfest und seit zwölf Jahren für das Weihnachtsmärchen. S. Krieg