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"Brüderchen, komm tanz mit mir"
Am 23. Dezember 1893 wurde Engelbert Humperdincks Märchenoper „Hänsel und Gretel“ in Weimar uraufgeführt und entzückte im darauf folgenden Jahr das Publikum schon in vierzehn weiteren Städten. Obgleich seitdem schon über hundert Jahre vergangen sind, ist die Begeisterung für dieses Werk bis heute ungebrochen. Worin liegt nun das Besondere an der Humperdinck’schen Version des bekannten Märchenstoffes? Neben der zauberhaften Musik, deren Spannweite vom schlichten Volksliedton bis zum üppigen, farbenreichen Orchesterklang reicht, fasziniert die ungewöhnliche Art und Weise, in der die Geschichte von „Hänsel und Gretel“ erzählt wird.
Humperdincks Schwester Adelheid Wette orientierte sich beim Verfassen des Librettos an der 1845 entstandenen Fassung des Märchens von Ludwig Bechstein. Die hier auftretenden Protagonisten sind als Charaktere wesentlich genauer gezeichnet als die typisierten Figuren des klassischen Volksmärchens. Adelheid Wette ging aber noch einen Schritt weiter, denn bei ihr scheinen Hänsel und Gretel sowie deren Eltern geradezu aus dem „wahren“ Leben gegriffene Persönlichkeiten zu sein. Zunächst deutet nichts darauf hin, dass sie in einem zeitlosen Märchenland zu Hause sein könnten. Erst nachdem die Geschwister von der zornigen Mutter in den Wald geschickt werden, verschiebt sich nach und nach die Wahrnehmung hin zum Märchenhaften und Phantastischen. Wenn die Eltern sich in der gemeinsamen Sorge treffen, dass ihre Kinder der gefährlichen Knusperhexe in die Hände fallen könnten, ist dies die erste Andeutung einer magischen Welt. Manifest aber wird das Phantastische tatsächlich erst dann, wenn das Sandmännchen erscheint. Die vierzehn Engel und das Taumännchen leiten dann vollends über in ein Reich, in dem auch eine so seltsame Gestalt wie die Knusperhexe Rosina Leckermaul zu Hause ist.
Humperdincks Märchenoper lässt die Grenzen von realer und phantastischer Welt verschwimmen. Und so mag die Frage erlaubt sein – und diese haben sich auch Regisseur Arturo Gama und Ausstatter Mathias Rümmler gestellt – ob Sandmännchen, Taumännchen und Knusperhexe nicht vielleicht doch „nur“ der Phantasie von Hänsel und Gretel entstammen.
Matinee vor der Premiere: Sonntag, 19. Oktober, 11 Uhr im Konzertfoyer des Großen Hauses Weitere Vorstellungen: 2. November, 18 Uhr sowie 6. und 29. November, 19.30 Uhr