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18.05.2018

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Mobil und selbstbestimmt

Ein Jahr interdisziplinäres Komplexbehandlungszentrum (iKBZ) Crivitz
Dr. med. Torsten Hirche (l.) und ein Teil seines iKBZ-Teams Foto: J. Beckert
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Ältere Patienten leiden oft an mehreren Erkrankungen gleichzeitig – sie sind multimorbide und dadurch  in ihrer Selbständigkeit, Belastbarkeit und Lebensqualität beeinträchtigt. Das interdisziplinäre Komplexbehandlungszentrum (iKBZ) in Crivitz ist spezialisiert auf die Therapie solcher Patienten. Dem medizinischen Zentrum, welches nun schon seit einem Jahr als Fachabteilung im Opens external link in new windowMediClin Krankenhaus am Crivitzer See besteht, ist die ganzheitliche Behandlung ein großes Anliegen. Seit der Eröffnung im April 2017 hat sich einiges getan.

Das multiprofessionelle Team mit Mitarbeitern unterschiedlicher Berufsgruppen besteht aus Ergotherapeuten, Physiotherapeuten, Logopäden, Schmerztherapeuten, Palliativmedizinern, Geriatern, Psychologen, Seelsorgern, Kunsttherapeuten, Sozialarbeitern und speziell ausgebildetem Pflegepersonal. Zudem arbeitet es interdisziplinär, das heißt fachabteilungsübergreifend unter anderem mit den medizinischen Fachrichtungen im Hause, wie der Inneren Medizin oder der Ortho­pädie/Chirurgie aber auch der Neurochirurgie der MediClin Plau am See, zusammen. Das Team möchte sich weiter vergrößern und sucht unter anderem nach geriatrischen Pflegekräften. Diese sind auf Grund des hohen Pflegeaufwandes der Patienten im iKBZ an allen Therapien beteiligt. Sie fungieren als Bindeglied und müssen spezielle Kompetenzen für die hier gängigen Krankheitsbilder mitbringen.

Zu den Komplextherapien, die in Crivitz angeboten werden, gehören die Multimodale Schmerztherapie, die Palliativmedizin sowie die geriatrische frührehabilitative  Komplexbehandlung. Alle diese Komplextherapien haben individuelle Therapiekonzepte gemeinsam sowie die Zielstellung, die Lebensqualität der Pa­tienten zu verbessern oder zu erhalten: die Mobilität, die Eigenständigkeit sowie die Selbstbestimmung.
Nach dem ersten Jahr können

Dr. Torsten Hirche und Team auf über 100 Patienten allein im Bereich der geriatrischen Komplexbehandlungen zurückblicken. Der Chefarzt weiß über eine Vielzahl beeindruckender Behandlungserfolge und persönlicher Schicksale der Patienten zu berichten, die zur Therapie ins iKBZ nach Crivitz gekommen sind. Ein Fall ist der einer 77-jährigen Patientin, die mit stark gebeugter Wirbelsäule in die Klinik kam und sich vor Schmerzen – sowohl durch körperliche Beschwerden, als auch durch psychische Faktoren bedingt – kaum noch bewegen konnte. Sie war depressiv und traute sich aus Angst vor den Schmerzen bei jeder ihrer Bewegungen gar nicht mehr aus dem Haus. Sie ist pflegebedürftig, leidet an starken Arthrosen und hat eine mehrfach versteifte Wirbelsäule. Dazu kommen unter anderem operierte Gelenke, Herzerkrankungen, und Adipositas. Ein klassisches Bild mehrfacher Erkrankungen, wie sie Dr. Hirche bei seiner täglichen Arbeit zumeist erlebt.

Die Patientin wurde einer Anamnese und körperlichen Untersuchung sowie einer umfangreichen Diagnostik unterzogen. Neben klassischen Untersuchungen, wie EKG, Röntgen und Blutuntersuchungen, wurden weiterführend auch Tests der Mobilität, der Selbsthilfefähigkeit und der kognitiven Fähigkeiten gemacht sowie das Ernährungsverhalten und die psychische Verfassung eingeschätzt. Anschließend wurde dann im Team gemeinsam mit der Patientin  der individuelle Therapieplan abgestimmt. Das definierte Therapieziel muss hierbei erreichbar sein, und die Patientin muss aktiv mitarbeiten. Die Fachleute im iKBZ sind auf die Zusammenarbeit und die Bereitschaft der Patienten angewiesen, damit die Frühreha zu einem erfolgreichen Abschluss gebracht werden kann.  

Im Fall der 77-jährigen Dame war das Therapieziel neben der Wiederherstellung der Mobilität und Selbsthilfefähigkeit der Patientin auch eine Schmerzreduktion im Rahmen des chronischen Schmerzsyndroms, um eine Pflegebedürftigkeit  zu verhindern und der Patientin die gewünschte Selbständigkeit  und Mobilität in der Häuslichkeit zu ermöglichen. Zusätzlich zur medikamentösen Behandlung der Schmerzen wurde die Therapie durch nicht-­medikamentöse Maßnahmen ergänzt. Neben der geriatrischen Pflege wurde eine Vielzahl an physiotherapeutischen Maßnahmen vorgenommen, darunter Stand- und Gangtraining, Konditionstraining und Gleichgewichtstraining.

Zudem bekam die Patientin Ergotherapie für Aktivitäten des täglichen Lebens, wie das Waschen oder Anziehen, sowie Behandlungen zur Verbesserung von Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit.
Im Verlauf der Therapie wurde sie zudem psychologisch betreut, und es konnten in diesem Zuge Ursachen für ihre gebeugte Haltung ausfindig gemacht werden. Sie trägt Schuldgefühle über eine Lebenssituation wortwörtlich als „Last auf ihren Schultern“ und nimmt die gebeugte Haltung ein, welche dann Stück für Stück in der Instabilität der Wirbelsäule resultiert. Die Patientin verließ das Krankenhaus nach 16 Tagen in einem deutlich gebesserten Zustand in Bezug auf Mobilität und Selbständigkeit. Sie konnte mit Hilfe eines Korsetts mehrere hundert Meter aufrecht an einem Rollator laufen – dies war bei Aufnahme in der Klinik undenkbar.

Dr. Hirche sagt: „Die Dame hatte wieder Freude an der Bewegung und am Leben. Auch ihre Einstellung zum Essen konnten wir während ihres Aufenthaltes bei uns beeinflussen und verbessern. Wir haben hier keinen Jungbrunnen, sondern es ist eine sehr aufwendige Arbeit für das Team, die allerdings auch sehr viel Spaß macht, wenn man dann die Erfolge sieht. Es ist schön zu sehen, wenn es den Patienten besser geht, wenn sie uns wieder verlassen – besonders, wenn wir zur Verbesserung der psychischen Verfassung beitragen können und auch damit die Lebensqualität gesteigert werden kann. Freude am Leben ist so wichtig.“

Nach der stationären Behandlung werden die Patienten in die ambulante Weiterbehandlung bei ihrem Haus- oder Facharzt entlassen. Dieser stellt überhaupt auch erst die Indikation zur stationären Aufnahme. Dazu müssen einige Voraussetzungen erfüllt sein. Angeschlossen an die stationäre Behandlung ist ein umfangreiches Entlassmanagement, das die Patienten und ihre Angehörigen unter anderem bei der Planung der weiteren Versorgung daheim oder in einer stationären Pflege, der Verordnung von Hilfsmitteln sowie den Absprachen mit dem Pflegedienst unterstützt.